Die IT-Welt ist voll von Schlagwörtern. Digitalisierung, IoT, Cloud Native, KI – all diese Begriffe sind bereits Teil unseres Lebens, bleiben jedoch für die meisten irreal. Sie klingen abstrakt und erzeugen ein Gefühl der Abgehobenheit.
Auch IT-Unternehmen haben oft nichtssagende Slogans, und wir haben bei der Wahl unseres Mottos viel darüber nachgedacht. Wir haben uns für das Motto “Make a digital difference” entschieden, aber es bringt wenig bis gar nichts, wenn wir mit unserer Arbeit nichts für die Gesellschaft bewirken.
Die Lösung? Die Zusammenarbeit mit inspirierten Unternehmen, die es uns ermöglichen, die Kluft zwischen Schlagwort und realer Wirkung zu überbrücken: Rosenbauer ist eines davon. In diesem Artikel haben wir die Vision und Mission des Unternehmens näher analysiert in einem Interview mit Florian Haslehner, Head of Digital Solutions bei Rosenbauer.
156 Jahre Engagement für Anpassungsfähigkeit
Als Rosenbauer gegründet wurde, wusste die Welt noch nicht, was ein Weltkrieg ist. Die Gebrüder Wright hatten ihren ersten Flug noch vor sich, und Carl Benz war zwanzig Jahre davon entfernt, das erste Auto zu patentieren – man schrieb das Jahr 1866.
Rosenbauer haben von Anfang an Feuerwehren ausgerüstet und in den 1920er Jahren den eigentlichen Wendepunkt miterlebt: Die Feuerwehrfahrzeuge kamen. Heute, ein Jahrhundert später, haben sich dieselben Fahrzeuge von einfachen, aber innovativen mobilen Untersätzen für Ersthelfer zu den heutigen komplexen, motorisierten Ungetümen entwickelt: darunter der CFT – das Feuerwehrauto der Zukunft.
Aber was unterscheidet ein vierrädriges Fahrzeug aus den 1920er Jahren von einer ebenso mechanischen, viel größeren Maschine unserer Zeit? Und was noch wichtiger ist: Wie kann ein Unternehmen mit diesem Hintergrund sogar das modernste Feuerwehrfahrzeug noch zukunftsfähiger machen?
Um die Antwort auf diese Frage zu vertiefen, haben wir Florian Haslehner gefragt, wie ein Unternehmen mit Rosenbauers Geschichte der Zeit einen Schritt voraus ist.
Tief in unserer DNA ist die Kundenzentrierung verankert. Dies ist die perfekte Grundlage für agiles und modernes Produktmanagement sowie -entwicklung. Andererseits neigen wir manchmal dazu, uns zu sehr auf den Kunden zu fokussieren, was nicht immer hilfreich für Innovationen und wichtige Veränderungen ist. Ich denke, wenn wir die Umwandlung in ein agiles Tech-Unternehmen richtig hinbekommen und gegenüber neuen Technologien aufgeschlossen bleiben, sind wir auf einem guten Weg.
Digitalisierung bei Feuerwehrfahrzeugen
In einer so schnelllebigen Welt wie unserer reicht es nicht aus, einfach nur eine tolle Maschine zu bauen. Zumindest nicht mehr. Das haben schon die letzten, disruptiven Veränderungen in der Automobilbranche bewiesen, und das gilt auch für die Branche von Rosenbauer.
Im Jahr 2022 steht fest, dass digitale Lösungen wie das IoT für Unternehmen die Zukunft sind, sowohl in Bezug auf das Überleben als auch auf die Profitabilität: Es gibt ganz offensichtlich keinen Weg zurück.
Für ein Unternehmen wie Rosenbauer ist die Datenerfassung ein wesentlicher Bestandteil des Geschäfts. Sie treibt die Forschung und Entwicklung voran und hilft zu verstehen, wo und was verbessert werden muss für welche spezifischen Situationen. Rosenbauer trägt dazu signifikant bei, indem sie jedes ihrer Feuerwehrautos mit 150 bis 200 Hochfrequenzsensoren ausstatten
Das Unternehmen ist kein Unbekannter, wenn es darum geht, neue Wege zu beschreiten oder sich gegen den allgemeinen Konsens der Mitbewerber zu stellen: So wurden beispielsweise Aluminiumstrukturen in den Fahrzeugen eingeführt, um das Gewicht zu optimieren – was zunächst viel kritisiert, aber später zum Industriestandard wurde. Auch werden die Fahrzeuge nicht in Serie produziert, jedes ist einzigartig, aber diese Besonderheit drohte zum Hindernis zu werden, denn sie erschwert auch die Datenerfassung.
Ein kühnes Unterfangen sogar für ein Unternehmen, das stets bestrebt ist, an der Spitze zu bleiben. Hier ein paar Worte von Florian Haslehner zu den Gründen, die Rosenbauer so innovationshungrig machen:
Vor allem der Veränderungsprozess hin zu einem Technologie- und Lösungsanbieter. Als Fahrzeug- und Ausrüstungshersteller haben wir einen hohen Bedarf an digitaler Integration und Verbindung, um komplette End-to-End-Lösungen zu unterstützen.
Bei mehr als tausend einsatzfähigen Lkw, die an die Flotte angeschlossen sind, gab es jedoch offenbar keine Möglichkeit, den Prozess effizienter zu gestalten. Oder etwa doch?
Das Connected Fleet-Projekt
Stellen Sie sich vor, Hunderte von verschiedenen Fahrzeugen senden gleichzeitig Datenströme aus. Dabei kann es sich um die Pumpe, die Sensoren und vieles mehr handeln – kurz gesagt, um umfangreiche Telemetriedaten, die Momentaufnahmen von allem enthalten, was mit dem Fahrzeug zu tun hat.
Um diese IoT-Daten sinnvoll zu nutzen und sie z.B. für die vorausschauende Wartung der Fahrzeuge zu verwenden, müssen all diese Informationen sowohl verarbeitet als auch visualisiert werden. Rosenbauer hat diese Art von Daten genutzt, um das Feuerwehrauto der Zukunft zu bauen – eine Vision, die nach der Analyse von Daten aus Hunderten von Einsätzen realisiert wurde, um unter anderem die Autonomie des Elektrofahrzeugs zu bestimmen.
Wir wollten für sie ein Qualitätsniveau erreichen, das dem eines Produktionssystems nahekommt, so dass die Daten leicht zu verarbeiten und zu interpretieren sind, aber es gab Herausforderungen. Die Hauptprobleme bei solchen Informationsmengen sind Geschwindigkeit und Zuverlässigkeit: Um diese Probleme zu lösen, haben wir uns die Erfahrungen zunutze gemacht, die wir bei unserer Arbeit mit der Europäischen Weltraumorganisation gesammelt haben. Früher konnte es Stunden dauern, alle Werte zu prüfen, jetzt hingegen ist der Prozess optimiert. Ebenso war es für Rosenbauer früher schwer zu erkennen, ob es Fehler bei der Datenübertragung gab, jetzt ist es kohärent.
Alles in allem ist das Projekt von Cloudflight und Rosenbauer ein gigantisches Unterfangen, das die Frage aufwirft: Wie sieht die Zukunft der Connected Fleet aus? Das hat Haslehner dazu zu sagen.
Die Vernetzung des Fuhrparks unserer Kunden ist sogar noch umfangreicher, als es klingt. Nicht nur die Fahrzeuge müssen vernetzt werden, sondern wir integrieren auch unsere Drohnen, technische Geräte und in Zukunft vielleicht sogar stationären Brandschutz und intelligente Geräte in unsere Flottenlösung. Das Ziel ist eine verbesserte Transparenz und Effizienz im Alltag der Einsatzkräfte.
Aber ein Zweifel bleibt: Wie wirkt sich das auf die Arbeit derjenigen aus, die jeden Tag ihr Leben aufs Spiel setzen, um andere zu retten?
Die andere Seite der Medaille: die Endkunden
Flughäfen, Feuerwehren und letztlich die Gesellschaft – das sind die Bereiche, die die Auswirkungen der Digitalisierung zu spüren bekommen sollen. Und das tun sie auch.
Das Projekt Connected Fleet ist neben einer Plattform zur Verwaltung von Feuerwehreinsätzen einer der Schritte, die Rosenbauer in Richtung dessen setzt, was sie als Zukunft des Notfallmanagements bezeichnen: Konnektivität und Information zu jeder Zeit. Connected Fleet bietet den Feuerwehren einen vollständigen Überblick über ihre Einsatzgeräte – von Telemetriedaten wie gefahrenen Kilometern, Motordrehzahlen oder Bremsdrücken über Informationen zu Füllständen von Treibstoff- und Löschmitteltanks bis hin zu exakten Positions- und Streckendaten sowie den Betriebsdaten der installierten oder montierten Geräte.
Um die positiven Auswirkungen Maßnahmen zu verstehen, muss man wissen, dass all dies zuvor manuell durchgeführt wurde und dass die Brandbekämpfung eine Branche mit einer sehr hohen Fluktuation von Feuerwehrleuten ist. Dies wirft zwei Fragen auf:
- Neue Mitarbeiter müssen ständig von Grund auf geschult werden, was zu Ungenauigkeiten und Bewertungsfehlern in den Protokollen führen kann.
- Die Daten können ungenau, veraltet und nicht innerhalb von Sekunden verfügbar sein. Das ist wichtig, denn während eines Notfalls ist es nicht möglich, Minuten mit der Suche nach Protokollen zu verschwenden oder zu überprüfen, ob alles genau so ist, wie es darinsteht.
Ziel ist es also, Unsicherheiten und menschliches Versagen zu beseitigen. Dadurch erhalten Flottenmanager und Kommandanten volle und präzise Transparenz, was zu mehr Effizienz, mehr Effektivität und letztendlich zu mehr geretteten Leben führt. Die Daten, die Rosenbauer mit der Connected Fleet sammelt, können zum Beispiel genutzt werden, um in Echtzeit zu wissen, welcher Lkw einer kritischen Situation am nächsten ist: Dies ermöglicht es den Flottenmanagern, genau dieses Einsatzteam zu schicken, das wiederum schneller eingreifen kann.
Mit diesen und anderen Anwendungsfällen haben die Endnutzer die Möglichkeit, ihre täglichen Operationen zu optimieren und feinabzustimmen, was sich mit Sicherheit auf den Erfolg der Einsätze auswirkt.
Dies alles gehört zur Vision des Unternehmens. Mit den Worten von Haslehner selbst: Rosenbauer will das Betriebssystem für den Rettungsdienst werden und seinen Anwenderkreis von der Feuerwehr auf Akteure vor und nach dem Einsatz wie Versicherungen, Firmeninhaber und Bürgermeister ausweiten.
Auswirkungen auf die Zukunft: eine Wachstumschance
Große, alteingesessene Unternehmensgiganten werden im schlechtesten Fall mit all den etablierten Strukturen zu langsam, um sich anzupassen. Wir nehmen uns jedoch selten die Zeit, innezuhalten und diejenigen zu betrachten, die den umgekehrten Weg gehen und sich für Innovationen entscheiden. Für Rosenbauer könnte die vollständige Digitalisierung (von der vernetzten Flotte bis hin zu ihrer Bürokratie und jedem anderen Unternehmensprozess) sogar noch mehr bedeuten als die Verbesserung ihrer Fahrzeuge und die Förderung von Forschung und Entwicklung.
Auf die Frage, wo er Rosenbauer im Jahr 2030 sieht, antwortete Haslehner:
[Im Jahr 2030] ist Rosenbauer der weltweit größte Solution Provider für Einsatzkräfte. Wir werden die innovativsten Feuerwehrfahrzeuge und -geräte produzieren und mit unseren digitalen Lösungen das Rosenbauer-Portfolio und externe Partner zu einem spezialisierten Ökosystem verbinden. Wir sind ein Technologieunternehmen. Mit unserem Fokus auf Themen wie Waldbrandschutz, Lösungen für Smart Cities oder Incident Management für Flughäfen und Industrie bieten wir neuen Kundengruppen End-to-End-Lösungen an und nutzen dabei unsere Position im Feuerwehreinsatzgeschäft.
In unserem Interview mit Florian Haslehner wurde deutlich, dass die Partnerschaft mit einem Player wie Cloudflight Teil von Rosenbauers Weg zu einem agilen Ansatz ist: Anstatt stur (und langsam) zu versuchen, alles selbst zu machen, wie es viele Unternehmen tun, sucht Rosenbauer Partnerschaften mit branchenübergreifenden Experten, die über das notwendige Wissen verfügen, um ihrer Vision für 2030 einen Schritt näher zu kommen.
Die Digitalisierung in all ihren Facetten ist der Weg zu einem bemerkenswerten ROI, insbesondere wenn es um das Potenzial von Informationen geht. Daten können in der Tat als Bausteine verwendet werden, um ein Leistungsangebot weiter auszubauen und so eine Reihe digitaler Dienste anzubieten. Diese Dienste haben das inhärente Potenzial, eine ganze Branche umzugestalten und neue Wege zur Bewältigung von Notfällen voranzutreiben.
Letztendlich mag es nicht jedermanns Sache sein, Leben zu retten, wohl aber etwas zu bewirken und den bestmöglichen Service zu bieten.