Die letzten Ausfälle bei den Amazon Web Services (AWS) hier und hier haben gezeigt, dass bei manchen Kunden wie bspw. Instagram, die Systemarchitektur nicht auf das Cloud Computing ausgelegt ist. Und auch wenn AWS so etwas nicht (mehr) passieren darf, sollte man selbst darauf achtgeben, präventiv auf den möglichen Ernstfall vorbereitet zu sein. Eine Möglichkeit ist der von Netflix entwickelte Chaos Monkey und weitere Tools, die ich in diesem Artikel vorstellen möchte.
Üben, Lernen, Testen
Bevor sich Netflix für den Einsatz seines Systems auf den Amazon Web Services entschieden hat (Migration von einer eigenen Infrastruktur), verbrachte das Unternehmen viel Zeit damit, um die AWS Plattform zu verstehen und ein Test-System innerhalb der Infrastruktur aufzubauen. Dabei wurde insbesondere darauf geachtet, soviel realistischen Traffic bzw. Traffic Szenarien wie möglich zu erzeugen, um damit das Test-System auf seine Stabilität hin zu prüfen.
Anfangs entwickelte Netflix dazu einen einfachen Repeater, der die echten und vollständigen Kundenanfragen auf das System innerhalb der AWS Infrastruktur kopierte. Damit identifizierte Netflix die möglichen Engpässe seiner Systemarchitektur und optimierte im Zuge dessen die Skalierbarkeit.
Netflix Rambo Architektur
Netflix selbst bezeichnet seine Software Architektur gerne auch als Rambo Architektur. Das hat den Hintergrund, dass jedes System unabhängig von den anderen Systemen einwandfrei funktionieren muss. Dazu wurde jedes System innerhalb der verteilten Architektur so entwickelt, dass es darauf vorbereitet ist, dass andere Systeme zu denen eine Abhängigkeit besteht, ausfallen können und das dieses toleriert wird.
Sollte das Bewertungssystem ausfallen, verschlechtert sich zwar die Qualität der Antworten, aber es wird dennoch eine Antwort geben. Statt personalisierten Angeboten werden dann nur bekannte Titel angezeigt. Sollte das System, dass für die Suchfunktion zuständig ist, unerträglich langsam sein, muss das Streaming der Filme trotzdem einwandfrei funktionieren.
Der Chaos Monkey
Eines der ersten Systeme die Netflix auf bzw. für AWS entwickelt hat, nennt sich Chaos Monkey. Sein Job ist es zufällig Instanzen und Services innerhalb der Architektur zu zerstören. Damit stellt Netflix sicher, dass alle Komponenten unabhängig voneinander funktionieren, selbst dann wenn Teil-Komponenten ein Problem haben.
Neben dem Chaos Monkey hat Netflix viele weitere Monitoring und Test-Tools für den Betrieb seines Systems auf den Amazon Web Services entwickelt, die das Unternehmen als The Netflix Simian Army bezeichnet.
Latency Monkey
Der Latency Monkey induziert künstliche Verzögerungen im Netflix eigenem REST-Client-Server Communication-Layer, um einen Leistungsabfall zu simulieren und rechtzeitig Maßnahmen zu ergreifen bzw. im Vorwege angemessen zu reagieren. Indem sehr große Verzögerungen erzeugt werden, kann damit zudem der Ausfall eines Nodes oder eines vollständigen Service simuliert werden, ohne diese Instanzen tatsächlich zu zerstören. Damit wird die Fehlertoleranz eines neuen Service überprüft, indem der Ausfall seiner Abhängigkeiten simuliert wird. Der Ausfall dieser Abhängigkeiten wirkt sich dabei jedoch nicht auf den Rest des Systems aus.
Conformity Monkey
Der Conformity Monkey findet Instanzen, die nicht den Best-Practices Anforderungen entsprechen und fährt diese herunter. Wenn z.B. Instanzen gefunden werden, die nicht zu einer Auto-Scaling Group gehören, weiß der Conformity Monkey, dass dieses zu Problemen führen wird. Diese werden also heruntergefahren, um dem Service-Owner die Gelegenheit zu geben, neue Instanzen mit den erwarteten Eigenschaften hochzufahren.
Doctor Monkey
Der Doctor Monkey überprüft die Health Checks, die sich auf jeder Instanz befinden und überwacht zudem weitere Eigenschaften, wie bspw. die CPU-Auslastung, um mögliche Fehlerquellen innerhalb der Instanzen selbst zu erkennen. Werden fehlerbehaftete Instanzen entdeckt, werden diese zunächst automatisch vom Service entfernt. Anschließend erhält der Service-Owner die Gelegenheit die Ursache für den Fehler zu finden und beendet diese Möglicherweise um stattdessen neue Instanzen zu starten.
Janitor Monkey
Der Janitor Monkey sorgt dafür, dass die Netflix Cloud Umgebung effizient betrieben wird und sich kein Müll oder überschüssige Instanzen anhäufen. Dazu sucht er nach ungenutzten Ressourcen und sorgt dafür, dass diese verschwinden.
Security Monkey
Der Security Monkey ist eine Erweiterung des Conformity Monkey. Er findet Sicherheitslücken oder Schwachstellen wie falsch konfigurierte AWS Security Groups und beendet die beanstandeten Instanzen. Er stellt zudem sicher, dass alle SSL-und DRM-Zertifikate gültig sind.
10-18 Monkey
Der 10-18 Monkey (steht auch für Lokalisierung-Internationalisierung bzw. l10n-i18n) erkennt Konfigurations- und Laufzeit Probleme innerhalb von Instanzen, die Kunden in verschiedenen geografischen Regionen, mit unterschiedlichen Sprachen und Zeichensätze bedienen.
Chaos Gorilla
Der Chaos Gorilla ist vergleichbar mit dem Chaos Monkey, simuliert allerdings einen vollständigen Ausfall einer Amazon Availability Zone. Damit wird sichergestellt, dass die Funktionalität des Systems automatisch in andere Availability Zones verschoben wird, ohne das ein manueller Eingriff von Netflix erforderlich ist und das der Nutzer davon etwas bemerkt.
Fazit
Die Simian Army von Netflix ist ein Extrembeispiel wie eine Cloud Architektur auszusehen hat. Das Unternehmen hat viel Zeit, Anstrengungen und Kapital in die Entwicklung seiner Systemarchitektur investiert, die auf der Cloud Infrastruktur der Amazon Web Services läuft. Aber es lohnt sich und jedes Unternehmen, das die Cloud ernsthaft nutzen möchte und ein hochverfügbares Angebot präsentieren will, sollte sich Netflix unbedingt zum Vorbild nehmen.