Im Live-Event “Agiles Forum II – Der Weg zur Agilität” bietet Dr. Jan-Martin Loth, Scrum-Master bei den Vorwerk Elektrowerken, mit seinen Co-Speakern spannende Einblicke in die agile Softwareentwicklung. Wir haben ihn vorab zum Interview getroffen.
Hallo Jan, wie geht es dir? Schön dich zu treffen. Du bist Scrum-Master bei den Vorwerk Elektrowerken und begleitest ein agiles Team. Du warst nicht immer Scrum-Master. Was hat dich bewegt diese Rolle anzunehmen?
Mir geht es gut, danke. Mich fasziniert an der Rolle, dass sie die Möglichkeit bietet, Menschen beim Wachsen zu helfen und dies aus einer Haltung heraus zu tun, in der ich keine Vorgaben für die Lösung und deren Findung mache. Der Scrum Master unterstützt die Kolleginnen und Kollegen im Team dabei, ihre Ziele zu erreichen und dabei eigene Wege zu finden, zu lernen und die persönliche Komfortzone zu erweitern.
In Scrum spielen die Werte Mut, Commitment, Fokus, Offenheit und Respekt eine zentrale Rolle. Warum glaubst du, sind diese Werte für die agile Entwicklung so wichtig?
Die Werte sind ein Leuchtturm. Es passiert in Stresssituationen und gerade zu Beginn der Karriere als Scrum-Master sehr schnell, dass man sich vom Scrum Rhythmus treiben lässt. Man arbeitet gedanklich vom Planning bis zum Review alles ab und versucht das Team am Laufen zu halten und die nächste Lieferung durch die Tür zu bringen. Und später – so ist die Ausbildung zum Scrum Master auch aufgebaut – wird einem klar, dass es eigentlich um die Werte geht, die Scrum ausmachen. Durch die Werte entsteht Vertrauen und darauf bauen die Säulen von Scrum: Transparenz, Inspektion, Adaption. Genau eben diese Werte brauche ich, um agil entwickeln zu können, Freiheiten zu geben und die Kreativität im Team zu fördern. Das macht es aus. Wenn ich die Werte nicht im Blick habe und es nicht schaffe, sie im Team mit Leben zu füllen, dann kann ich den Rest von Scrum auch sein lassen.
Wie gut beeinflussen die eben genannten Werte den Team-Zusammenhalt? Was meinst du?
Ich weiß gar nicht, ob es den Team-Mitgliedern, den Entwicklerinnen und Entwicklern, immer so bewusst ist, dass wir versuchen uns an den Werten auszurichten. Da ist es meine Aufgabe als Scrum-Master immer mal wieder geschickt drauf hinzuwirken. Man könnte z.B. in der Retro die Frage stellen, was ist dein Lieblings-Scrum-Wert oder was ist der Scrum-Wert, mit dem du am meisten haderst? Um die Werte in den Fokus zu bringen und dadurch kurz innezuhalten und sich zu fragen, wie ist eigentlich unsere Zusammenarbeit im Team gestaltet? Am Ende geht es darum ein Produkt zu entwickeln, das erfolgreich am Markt bestehen kann. Und wir glauben, dass diese Aufgabe am besten von einem Team gelöst werden kann, in dem die Werte Mut, Commitment, Fokus, Offenheit und Respekt gelebt werden.
Meinst du die genannten Werte tragen zum Team-Erfolg bei?
Ich glaube, wenn man es anderes herum aufzieht wird ein Schuh draus: Wenn ich mir erfolgreiche Teams anschaue, und das kann auch eine Sportmannschaft sein, dann finde ich in diesem Team und in dessen Umgang miteinander sehr wahrscheinlich diese oder ähnliche Werte.
Wie gut können Kennzahlen bei der Bewertung des Arbeitsfortschritts helfen?
Als Scrum Team ist es unsere Aufgabe, permanent Mehrwert für Kunden auszuliefern. Dazu ist ein sehr guter und eingespielter Ablauf im Team und mit dessen Schnittstellen nötig. Kennzahlen können dabei helfen, festzustellen, ob die Lieferfähigkeit gerade eingeschränkt ist, oder reibungslos funktioniert. Wenn ein Scrum Team sich z.B. dazu entschieden hat, zum Schätzen von zu erledigenden Aufgaben Storypoints zu verwenden, kann es sich beispielsweise ansehen, ob die erledigten Storypoints über mehrere Sprints hinweg konstant sind, oder ob es im letzten Sprint deutlich mehr oder weniger geliefert hat. Allerdings muss man sehr genau aufpassen, wie man die Zahl interpretiert. Es kann ja sein, dass sich das Team verschätzt hat und Informationen fehlten, oder es ist eine ungeplante Aufgabe in Form von dringend zu lösenden Bugs entstanden, die die Lieferfähigkeit eingeschränkt hat. Wichtig ist es, dass man hinterher in der Retrospektive darüber spricht und lernt, ob man als Team in Zukunft etwas besser machen kann.
Insofern können Messwerte helfen, den Arbeitsfortschritt transparent zu machen und sich als Team permanent weiterzuentwickeln. Schwierig wird es, wenn diese Messwerte dazu verwendet werden, um Teams miteinander zu vergleichen und Druck aufzubauen. Ich nehme gerne Messmittel zur Transparenz nach innen ins Team gerichtet und nach außen ist es der Liefererfolg, an dem wir uns messen lassen.
Vielen Dank, Jan, für diese großartigen Einsichten bis hierhin. Ich habe noch eine letzte Frage: Viele Unternehmen streben die agile Transformation an oder befinden sich inmitten der agilen Transition. Was glaubst du wie sehr du als Scrum-Master auf den Weg in die Agilität beitragen kannst?
Ich kann als Scrum-Master immer wieder die Frage stellen, ob wir fokussiert unterwegs sind und ob wir unsere Kräfte bündeln, um auf ein gemeinsames Ziel hinzuarbeiten. Es besteht immer das Risiko, dass man sich in sehr vielen Feldern gleichzeitig betätigt und wirkungslos bleibt. Als Scrum-Master versuche ich erst einmal agiles Arbeiten in meinem Team zu etablieren. Das bedeutet, dass wir ein Produkt permanent inkrementell und iterativ weiterentwickeln, es ausliefern und uns parallel als Team in unserer Zusammenarbeit verbessern. Dazu muss ich auch das direkte Umfeld des Teams einbeziehen, so dass es versteht, was ein agiles Team braucht, um gut arbeiten zu können und natürlich, was das Umfeld vom Team erwarten darf. Wenn das verschiedene Scrum-Master an verschiedenen Stellen machen, dann wachsen diese Bereiche irgendwann zusammen. Ich sehe es als Beitrag des Scrum-Masters dies zu fördern und dabei die Werte immer wieder hochzuhalten und vorzuleben.
Jan, damit sind wir auch schon am Ende unseres Interviews angelangt. Danke, dass du dir die Zeit dafür genommen hast.
Viele Unternehmen möchten gerne agil sein oder befinden sich bereits in der agilen Transition. Doch was passiert da genau? Welchen Einfluss haben die agilen Werte Mut, Commitment, Fokus, Offenheit und Respekt, die beim agilen Vorgehen eine zentrale Rolle spielen? Bringen sie mein Team schneller ans Ziel? Und wie kann ich bei der agilen Vorgehensweise den Erfolg bewerten/ sichtbar machen? Geht das? Unsere Kundenberaterin für Softwareprojekte im embedded Bereich, Justina Krawczyk, ist genau diesen Fragen nachgegangen und hat sich mit Dr. Jan-Martin Loth, Scrum-Master bei den Vorwerk Elektrowerken, zum Interview getroffen.