- Die Open Source-basierte Container Orchestration Platform Kubernetes etabliert sich langsam zu einem Standard im IT-Portfolio – und zwar über Branchen und Unternehmensgrößen hinweg
- Das Ökosystem und die Partnerlandschaft rund um Kubernetes wachsen rapide; Kubernetes wird somit bald “Enterprise-Ready”Google pusht Kubernetes extrem in den Markt, nicht ohne Hintergedanken
- CIOs und CTOs sollten trotzdem vorsichtig sein, denn Kubernetes ist nicht für alle Use Cases sinnvoll
- Die Cloud Native Computing Foundation selbst und deren Referenzarchitektur wächst stetig und das Angebot für moderne Technoligestacks wäscht dementsprechend auch
Cloud Native Computing Foundation
Die Cloud Native Computing Foundation (CNCF) ist eine Non-Profit-Organisation (NPO), welches zur Linux Foundation gehört. Sie hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Entwicklung von Cloud nativen Technologien und Diensten zu standardisieren, indem Sie eine Referenz für einen Technologiestack erstellt. Zu den größten Mitgliedern gehören Cisco, IBM, Google, Dell, CoreOS, Fujitsu, Huawei, Intel, Joyent, Mesosphere, Red Hat, Supernap und Samsung SDS. Zusammen mit der KubeCon veranstaltete sie in Berlin die CloudNativeCon + KubeCon Europe 2017
Quelle: https://github.com/cncf/landscape by CNCF
Container Orchestration Engine Kubernetes – Erfolg bislang unterschätzt
So könnte man die Situation bei vielen der Breakout-Sessions, aber auch bei den Keynotes auf der CloudNativeCon + KubeCon Europe 2017 in Berlin beschreiben. Die Räumlichkeiten waren zu klein im Verhältnis zur Nachfrage. Dies ist auf die enorme Popularität von Kubernetes zurückzuführen. Ebenso jedoch auf ein Interesse an offenen und modernen Cloud Architekturen. Im Zuge der Digitalisierung sind viele Unternehmen im Zugzwang und müssen mit Agilität und Geschwindigkeit neue Produkte und IT-Lösungen kreieren. Der Druck aus den Chefetagen wird diesbezüglich immer größer. Diese neuen Anforderungen können klassische IT-Systeme und Entwicklungsmethoden meist nicht mehr leisten, wodurch moderne, container-basierte Technologien, wie Kubernetes, Aufwind erlangen. Denn mittels dieser können die Entwicklung und der Betrieb agiler, Microservices-basierter Anwendungen umgesetzt werden. Die Teilnehmerzahl auf der CloudNativeCon + KubeCon Europe 2017 war im Vergleich zum Vorjahr auf das fünffache angestiegen. 1.500 Teilnehmer drängten sich im Berliner Convention Center durch die Hallen und in die Säle. Vom persönlichen Standpunkt aus betrachtet war es eine der besten Veranstaltungen, die ich in letzter Zeit besuchen durfte. Die Community ist sehr aktiv und kommunikativ.
Quelle: Crisp Research AG, 2017
Kubernetes hat in den Unternehmen die erste Hürde genommen
In vielen Unternehmen, die aus Deutschland und Europa vor Ort waren, ist Kubernetes zumindest in den Digital Labs oder in den IT-Abteilungen angekommen. Oftmals jedoch auch schon einen Schritt weiter. Dies ist vor allem der geringen Einstiegshürde zu verdanken, die, im Gegensatz zu einer OpenStack Installation beispielsweise, sehr niedrig ist.
Im Vorbeigehen konnte man so Unternehmen wie SAP, ATOS, adidas, Metro, Porsche, Zalando, Allianz, Swisscom, T-Systems, Ericsson, Axa, Daimler und sogar den Bayerischen Rundfunk erspähen. Dies zeigt, dass über alle Branchen und Unternehmensgrößen hinweg, das Thema Agilität und Geschwindigkeit an vorderster Front stehen. Die Frage, wie Unternehmen die Integration in die bestehende IT-Landschaft hinbekommen und ob Kubernetes im Unternehmenskontext überhaupt valide einsetzbar ist, konnte noch nicht abschließend beantwortet werden. Es gibt aktuell viele Lösungen und Entwicklungen aus der Community, die versuchen Kubernetes in einen klassische Enterprise IT zu integrieren. Dazu gehören Fragen wie
- Identity and Access Management
- Role based Access Control
- Monitoring
- Service Discovery
- Governance
- Compliance
- Monitoring
- Logging
- etc.
Die positive Nachricht in diesem Zusammenhang ist, dass es immer einfacher wird, diese Anforderungen zu erfüllen. Die Komplexität des Kernproduktes steigt damit jedoch auch zunehmend an. Hinzukommt, dass diese Technologie nicht ein Ersatz für alle bestehenden Applikationen ist und ein Lift und Shift, also eine schnelle Migration ohne große Anpassungen auch nicht möglich ist. Also muss die IT auch dieses Mal wieder enttäuschen. Es ist immer noch keine Wundersoftware, die alles wie von selbst erledigt, sondern ein weiterer Baustein im Portfolio. Und genauso sollten Entscheider diese Technologie und deren Einsatz auch bewerten.
Grüne oder rote Pille? Wählen Sie weise
Der Einsatz von Kubernetes ist sicherlich nicht für zwei kleine Server sinnvoll. Auch bestehende Applikationen, wie große Installationen von ERP-Systemen sind nicht der primäre Fokus. Vielmehr sind Microservices das Einsatzgebiet von Kubernetes. Auf die Frage, warum Kubernetes von Google in die Community als Open Source Version freigegeben wurde, antwortete Aprana Sinha, Product Managerin bei Google für Kubernetes, damit die Adaption und das Momentum helfen, Unternehmen einen Zugang zu dieser Technologie zu geben. Die ursprüngliche Version (Borg) hätte sich in keine bestehende IT-Landschaft von Unternehmen integrieren lassen können, da diese zu sehr von der Google IT-Landschaft abweichen. Ob dies der tatsächliche Grund war für die Transformation zu einem Open Source Google, mag jeder für sich beurteilen. Fakt ist, dass auch große Internetkonzerne wie Amazon, Facebook oder Google eine Transformation durchführen müssen, um die aktuellen Positionen im Markt zumindest halten zu können. Sicherlich war die Freigabe nicht die schlechteste Entscheidung und spiegelt auch das klare Bekenntnis hin zu einer Ausrichtung auf Unternehmenskunden wieder.
Ökosysteme und Partnerlandschaft
Die Cloud Native Computing Foundation (CNCF) hat mittlerweile etliche Softwareprojekte in ihre Referenzarchitektur aufgenommen. Vergessen darf man hierbei nicht, dass die meisten noch einen Inkubatorstatus haben und wir auch noch nicht die Version 1.0 erreicht haben. Dies bedeutet, dass theoretisch auch sehr erfolgreiche Projekte, wie Prometheus, einst bei SoundCloud in Berlin geboren, wieder in aus der Referenzarchitektur verschwinden könnten. Aus Sicht der Projektleiter von CoreDNS, Opentracing, Linkerd, Fluentd, Prometheus und Co. ist die Aufnahme jedoch sehr positiv zu bewerten. Denn auch wenn die Projekte technisch immer interessant waren, so fehlte ihnen bisher zum Teil die Anerkennung und die Sichtbarkeit. Dies hat sich durch die CNCF deutlich geändert. Die Hoffnung bleibt auch, dass sich dadurch auch mehr Entwickler an der Weiterentwicklung beteiligen, da diese Projekte zum Teil auch immer noch in der Freizeit entwickelt und betreut werden. Die CNCF selbst versucht die Bedeutung im Markt zu festigen und den Projekten entsprechend auf die Beine zu helfen. Rund um das Thema Partnerlandschaft und Ökosystem erblühen viele neue Start-ups und evolutionieren etablierte Unternehmen. Mit OpenShift und Cloud Foundry haben auch zwei PaaS-Angebote die Migration zu einer Container-basierten Plattform vollzogen. Damit stehen den Entwicklern dann entsprechend mächtige Umgebungen zur Verfügung, die noch einmal mehr abstrahieren. Beide Projekte verfolgen dabei einen heterogenen Ansatz bei der Flexibilität und der Integration in die bestehende IT-Landschaft. Eine andere Art von Abstraktion bieten Start-ups. Diese versuchen die Integration von Kubernetes selbst in die Unternehmenslandschaft zu vereinfachen. Auch deutsche Unternehmen sind hier an vorderster Front zu finden, wie etwa Giantswarm und Loodse. Auch an den nächsten Level der Abstraktion, dem Serverless Computing für Kubernetes wird bereits gearbeitet und mit dem ersten Release von Plattform 9 dürfte wohl noch dieses Jahr zu rechnen sein.
Skills, Skills, Skills
Bei den vielen Gesprächen stellte sich abermals heraus, dass die Ausbildung und der Kenntnisstand in Unternehmen nicht so ist, wie er sein sollte. In vielen Unternehmen ist zwar der Einstieg und das Verständnis für Technologien wie beispielsweise Kubernetes einfach, doch die Entwicklung von Microservice-Architekturen und generell verteilten Systemen könnte besser sein. Ebenso ist die Kontrolle von Applikationen und Deployments noch nicht geregelt. Damit steigt bei mehreren Projekten zunehmend die Komplexität, was dann auch zu einem menschlichen Problem wird. Dies bestätigte auch Oliver Gould, CTO von Buoyant und Projektleiter von linkerd. Die Komplexität von Applikationen und Teams darf nicht unterschätzt werden. Er spricht hier aus Erfahrung, denn er war einst bei Twitter tätig. Für den Skill-Gap wurde auf der Veranstaltung beispielsweise von Cloud Foundry ein neues Zertifizierungsprogramm angeboten, welches neben den Plattform spezifischen Kenntnissen auch als einen Punkt die Entwicklung von Cloud-native Applikationen beinhaltet. Das Bild zeigt u.a. das unterschiedlich starke Interesse an den Produkten, jedoch auch den klaren Bedarf an Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen.
Unterschiedlich starke Nachfrage bei den Aufklebern für die Namensschilder – Jobofferten und Prometheus stark vergriffen
Quelle: Crisp Research AG, 2017
Das Schwert des Damokles schwebt über Kubernetes
Die Frage ist, ob sich Kubernetes das Momentum, welches aktuell vorherrscht beibehalten kann. Denn nüchtern betrachtet ist es ein weiterer Baustein in der Unternehmenslandschaft. Start-ups und neue Projekte können hier sicherlich profitieren, jedoch ist immer der Anwendungsfall zu bedenken. Auch andere spannende Technologien, wie das Serverless Computing beispielsweise, sind für bestimmte Einsatzbereiche sinnvoll. Die Frage, ob nicht weitere Silos mit neuen Technoligestacks geschaffen werden, konnte nicht verneint werden auf einer Paneldiskussion mit Beteiligung von Allianz, BlaBla Car, Swisscom und T-Systems. Denn selbst einem jungen Unternehmen wie BlaBla Car fällt es zunehmend schwer, alles auf einen aktuellen Stand und auf einem Architektur-Stack zu halten. In der Unternehmenswelt werden sich also mehrere Technologie-Stacks etablieren. Die Zusammenarbeit von unterschiedlichen Communities ist hierbei wichtig und bereits letztes Jahr zeigte sich die OpenStack-Gemeinde dafür nicht nur offen, sondern war bereits aktiv. Eine weitere Bürde für Kubernetes ist die Kontrolle über das Produkt. Zwar gibt es etliche Special Interest Groups (SIG), die über unterschiedliche neue Feature diskutieren und entscheiden. Deren Möglichkeit das Kernprodukt auch schlank und clean zu halten, hatte man jedoch noch nicht realisiert. Mit neuen Features im Kernprodukt sterben jedoch Start-ups und es erhöht auch die Komplexität. Dies könnte in einer möglichen Zukunft dann bedeuten, dass Kubernetes von einem größeren Projekt assimiliert wird, beispielsweise OpenStack. Diese Jahr wird sich also herausstellen müssen, wie es mit dem Zugpferd der Cloud Native Computing Foundation weitergeht.
Backstage with Kubernetes – Chen Goldberg, Director of Engineering, Container Engine & Kubernetes, Google
Quelle: Crisp Research AG, 2017
Komplexität, Kontrolle, Entscheidungen
Die Cloud Native Computing Foundation bietet eine Reihe von Softwareprojekten, die dabei helfen können einen modernen Stack für Applikationen im eigenen Rechenzentrum oder in der Cloud zu erzeugen. Neben Kubernetes gibt es auch andere Technologien, wie ein Mesosphere beispielsweise, die ähnliche Möglichkeiten bieten. Der Einsatz von Kubernetes sollte einem klaren Ziel folgen. Dies mag banal klingen wird jedoch immer wieder gerne vergessen, in Zeiten, wo technische Möglichkeiten immer verlockender werden. Fakt ist auch, dass Kubernetes nicht die komplette IT ablösen wird. Dies war und ist auch nicht das Ziel. Viele neue Microservice-basierte Applikationen werden auf diesem Technologiestack in vielen Unternehmen in Deutschland ein zuhause finden. Einige bestehende Systeme, die mit den neuen interagieren müssen, werden neu geschrieben werden müssen und dann vermutlich auch auf den neue Stacks lauffähig. Und einige Systeme werden nie die Welt von Kubernetes betreten. Entscheider sollten also eine Bestandsaufnahme der aktuellen IT-Landschaft machen und prüfen, in welchen Bereichen ein Einzug von CNCF-Technolgiestacks eine sinnvolle Ergänzung ist.