Auch wenn Sie es vermutlich nicht mehr hören und lesen möchten – wir befinden uns derzeit in einer globalen Krise, die sich weiterhin ungewiss und wenn überhaupt eher negativ als positiv entwickelt. Medizinisch wie wirtschaftlich sind viele Menschen und Unternehmen derzeit an ihre Grenzen gekommen. Solche Situationen werden auch immer erst dann zu einer Krise, wenn sie keiner zuvor hat kommen sehen oder wenn die eindringlichen Warnungen einiger Expertinnen und “Schwarzmaler” nicht ernst genommen werden.
Das gilt in diesem Fall für Corona selbst wie auch für die wirtschaftliche Lage der Unternehmen oder ganzer Volkswirtschaften, ganz zu schweigen von der Digitalisierung derselben.
Ruhig schlafen derzeit vermutlich nur diejenigen Unternehmensentscheidenden, die einerseits glücklicherweise gesundheitlich vom Virus verschont geblieben sind und darüber hinaus auch ihre Hausaufgaben in der Digitalisierung gemacht haben.
An dieser Stelle möchten wir einmal den viel gescholtenen Anbietern Tribut zollen, die dies auch möglich machen.
Wie die modernen Cloud Collaboration Services die Kommunikation sicherstellen
Manchmal ist die Welt eigentlich relativ einfach, zumindest wenn es um digitale Kommunikation geht. Denn wenn man es herunter bricht, reicht für die Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs vieler Unternehmen im Remote Office bereits:
- Ein Cloud-Speicher für die Dateiablage
- Ein Video-Collaboration-Dienst mit guter Video- und Voice-Funktion (also nicht mehr als ein Telefon des 21. Jahrhunderts!)
- Eine Chat-Plattform
- Ein funktionierendes VPN-Netzwerk
- Ausreichend Netzwerkbandbreite
- und ein kurzes Training der Mitarbeitenden, wie man mit all dem umgeht, ohne das VPN-Netzwerk zu überlasten
Unternehmen, die für ihre Mitarbeitenden diese Liste an Services sicherstellen können, haben zumindest auf IT-Seite alles für ihr Remote Working vorbereitet. Doch so banal diese Liste klingen mag, war es bei weitem nicht trivial, die richtigen Angebote dafür zu finden. Gerade im Video-Collaboration-Bereich haben die anbietenden Unternehmen lange gebraucht, die Prioritäten richtig zu setzen, nämlich erst die Kommunikationsfunktionen zu optimieren und danach den Wust an Extra-Features bereitzustellen. Auch deswegen – und wegen der Zögerlichkeit in Sachen Cloud-Transformation – haben viele Unternehmen lange gewartet, bis sie die passende Lösung eingesetzt haben.
Doch es gibt auch kritische Stimmen. Insbesondere zoom, technisch einer der klar führenden Anbieter für Enterprise Video-Collaboration, steht noch immer wegen zweifelhafter Datenschutzpraktiken harsch in der Kritik. Auch hinsichtlich Sicherheit und des – neutral formuliert – ungewöhnlichen Installationsprozesses musste sich das Unternehmen einigen Fragen stellen. So wurde schon 2019 im Verborgenen ein Webserver auf Apple-Geräten installiert, der es beliebigen Usern über das Internet erlaubte eine Konferenz auf dem Gerät zu starten. Hier griff sogar Apple später persönlich mit einem zusätzlichen Patch ein. Im aktuellen Fall verlangt zoom u.a. Root-Rechte der Benutzenden, um bereits im Vorfeld der eigentlichen Installation auf die Systeme der Nutzenden zugreifen zu können.
Als IT-Verantwortliche müssen derartige Meldungen definitiv ernst genommen werden und es muss genau geprüft werden, wie das Sicherheitskonzept insgesamt aussieht, welche Bedrohungen tatsächlich existieren und ob die eingesetzten Tools noch tragbar sind. Hier lohnt es sich allerdings auch genau hinzusehen, denn viele Themen werden derzeit vermengt. Tracking, End-2-End-Verschlüsselung, Hyperlink Security, Installer Security, Dark UI Patterns und Co. sind individuell zu prüfen und zu bewerten. Indes hat zoom zumindest demonstriert, dass es auf die unterschiedlichen Kritikpunkte reagiert.
Auch sollten die Unternehmen nicht den Fehler machen zu glauben, dass zoom hier das schwarze Schaf der Collaboration-Dienste ist. Denn ob Skype for Business, Teams, WebEx, GoToMeeting & Co. hier unantastbar sind, hat noch keiner bewiesen.
Ganz zu schweigen von Consumer Services wie Google Duo, das klassische Skype oder der Whatsapp-Videochat, die ebenfalls reihenweise Daten an Drittanbietende weiterverkaufen.
So überwiegen unter dem Strich auch wieder die Vorteile der Enterprise-Lösungen, sofern sie richtig administriert werden. Und bevor die Mitarbeitenden über Whatsapp, Snapchat und Co. ihre arbeitsrelevanten Informationen austauschen oder “Meetings” abhalten, ist der Weg der Enterprise-Collaboration vermutlich immer noch der bessere.
Cloud First – vom Unwort in der IT zur Erfolgs- und Überlebensstrategie
Für die Business Continuity, aber auch für die Sicherheit der Daten und des Wissens der Unternehmen, sind erfolgreiche Cloud-Strategien unschlagbar wichtig. Entscheidungstragende, die schon vor Jahren mit der monotonen Phrase “Cloud-First” durch die Lande gezogen sind und sich immer wieder rechtfertigen mussten, haben jetzt vermutlich eine gute Ausgangssituation und schauen vermutlich schon nach den neuen Trends der digitalen Technologien, untersuchen den Einsatz von KI für die Service-Prozesse, automatisieren ihre Produktion oder zünden ihre Cloud-Native-Strategie für die gesamte IT-Infrastruktur – zumindest wenn sie ihrer Linie trotz Widerstand treu geblieben sind.
Die anderen Entscheidungstragenden befinden sich hingegen im Notfallmodus und schauen, wie ihre IT-Landschaft den enormen Lastanstieg bewältigen kann und dass die Services überhaupt eine adäquate Alternative zum gewohnten Arbeitsumfeld bieten können. Cloud-Transformation im Schnellverfahren, was vielen Entscheidungstragenden drohte, kann mitunter teuer und nervenaufreibend sein.
So versuchen wir jedoch auch bei all den zweifellos negativen Auswirkungen der Corona-Krise die potentiell positiven Aspekte nicht außer Acht zu lassen und sind überzeugt, dass vielen Entscheidungstragenden die Augen geöffnet wurden, welche dringenden Aufgaben ihnen bevorstehen. Seit dem Jahr 2018, wo noch ein Großteil der Unternehmen bestenfalls in der Findungsphase der Cloud steckte, hat sich zwar einiges geändert und viele Unternehmen sind einen Schritt weiter gelangt. Dennoch gehen wir nach unseren Prognosen derzeit davon aus, dass noch immer 40 bis 50 Prozent der Unternehmen in der DACH-Region vor der konkreten Implementierung und Einführung der Public Cloud stehen. Ihnen fehlten nach wie vor die Zeit, Budgets oder das Vertrauen in die Public-Cloud-Infrastrukturen. Durch die Corona-Krise werden auch sie noch einmal auf den Plan gerufen, um zumindest wieder deutlich konstruktiver mit der Cloud-Transformation umzugehen, den langen Evaluations- und Wartestatus zu überwinden und zu schauen, welche Optionen für sie einen gangbaren Weg bedeuten. Dabei müssen die Cloud-Transformation und Modernisierung der Anwendungslandschaft nicht sofort im “All-In-Modus” stattfinden. Ein phasenweiser Umzug und der Fokus auf die wirklich gewinnbringenden Veränderungen ist meistens hinreichend. So arbeiten viele Unternehmen ein Hybrid-Cloud-Konzept aus, das mit einem stark automatisierten Cloud-Native-Management-Konzept inklusive einer Public-Cloud-Umgebung für die Entwicklung, das Testing und den Betrieb neuer digitaler Services funktioniert.
So ist die neue Interpretation von Cloud-First definitiv differenzierter, als wahllos alles in die Cloud zu schieben. Eine gute Selektion der Anwendungen für die Modernisierung, der Aufbau einer dynamischen, elastischen und agilen Cloud-Umgebung für digitale Plattformen und eigene Services sowie die Integration der SaaS-Landschaften in einigen Bereichen reichen zu Beginn aus und sind für viele Unternehmen deutlich näher an der Realität als die vollständige “big bang” Migration in die Public Cloud.
9,1 Terabit pro Sekunde – Wie die Cloud und Telekommunikationsfirmen den massiven Datenanstieg bewältigen
Die Cloud-Anbietenden müssen sich somit auf ein weiterhin starkes Wachstum ihrer Plattformen einstellen. So brechen viele von ihnen derzeit ihre eigenen Rekorde:
- Microsoft Azure meldet in einigen Regionen und Services einen Anstieg von bis zu 775 Prozent der Infrastrukturauslastung von Netzwerk und CPU, insbesondere durch die Nutzung von Microsoft Teams, Windows Virtual Desktop und Power BI. Das bringt die Infrastruktur teilweise bereits an seine Kapazitätsgrenzen, sodass zumindest Limitationen eingeführt werden müssen, um die Stabilität noch zu gewährleisten.
- Am Internetknoten DE-CIX in Frankfurt wurde die Schallmauer von 9 Terabit pro Sekunde Traffic nun überschritten. Damit stellt der Anbieter seinen eigenen Rekord ein und macht weiterhin keine Anstalten, sich zu limitieren
- Die überregionalen Netze, auch von den Colocation-Anbietern und Hyperscalern, haben dazu beigetragen, dass im Internet Backbone Deutschland nahezu keine flächendeckenden Ausfälle stattfanden. Auch die überregionalen Projekte der Telkos, wie beispielsweise der Deutschen Telekom, haben hier einen guten Job gemacht.
- Das einzige, was nach wie vor und vor allem aufgrund der Regulierung am Markt die Innovationen bremst, ist die stark ausbaufähige Performance auf der letzten Meile, ganz besonders in ländlichen Gebieten. Der Zugang zu Glasfaser bis in die Haushalte wächst, ist jedoch noch immer zu selten vorhanden. So müssen viele Menschen noch immer über Kupferkabel ins Internet gelangen und kämpfen so trotz stabiler überregionaler Netze mit schwacher Performance im Homeoffice. Hier wäre der freie Markt vermutlich schon längst ein gutes Stück weiter.
Die Netzwerk- und Compute-Infrastruktur der Anbietenden hat damit zumindest den ersten Härtetest bestanden, um auch weitgehend mit einem sprunghaften Wachstum ihrer Auslastung zurecht zu kommen. So werden viele Unternehmen vermutlich in den nächsten Monaten die nächste Ausbaustufe der Cloud-Adoption zünden. Das gilt ebenso für die Integratoren und Service Provider, welche die Unternehmen auf der Cloud-Transformation begleiten können. Von der Anwendungsmodernisierung bis zur Cloud-Native-Architektur haben die Unternehmen viele Handlungsfelder vor sich, die teilweise schon in der Corona-Zeit begonnen werden sollen.
Gerade der Aufbau einer neuen Cloud-Native-Landschaft, die erhebliche Vorteile im Management von Anwendungen auf allen Clouds, ob Hybrid, Multi, Omni, Private oder Public Cloud versprechen, kann jetzt zum X-Faktor für die Cloud-Transformation werden. Wenn die Unternehmen die mittlerweile sehr reifen Open Source Tools rund um Kubernetes einsetzen und auf die neuen Trends im Cloud-Native-Universum vorbereitet sind, sind sie ihrer Konkurrenz potenziell wieder einen Schritt voraus.
Ob die Kapazitäten der Hyperscaler noch immer ausreichen, wenn neben den “Notfallplänen” für Collaboration und Video-Konferenz auch eine hohe Grundlast der sonstigen Business-Infrastruktur hinzukommt, wird indes noch spannend sein. Die Rechenzentrumsflächen der Colocation-Anbieter wie Equinix, e-Shelter & Co., wo ein Großteil der Cloud Provider seine Heimat findet, sind bereits stark ausgelastet. So dürfen die Entscheidungstragenden sicherlich erst einmal auf die Verfügbarkeit der Premium-Dienste und Enterprise-Cloud-Plattformen seitens der Anbietenden vertrauen. Doch dürfen auch sie nicht vergessen, dass auch die Public Cloud den Gesetzen der Physik unterliegt und sie eben nicht unendlich ist.
Sollte damit das prognostizierte Szenario von einer zusätzlichen Public-Cloud-Adoption von 30-50 Prozent der Unternehmen mit dem Wachstum der Cloud-Ressourcen der Unternehmen zusammenfallen, die schon heute einen Großteil ihrer Infrastruktur dort betreiben, könnte es noch einmal eng werden. Dann stehen tatsächlich auch die Cloud-Unternehmen vor der Aufgabe, schnell ihre Kapazitäten zu erhöhen und dem Wachstum gerecht zu werden, ohne den schon heute teilweise sichtbaren Wachstumsschmerz zu erleiden.
Cloud-Strategie und Migration – Jetzt mit Vollgas
Somit werden die Unternehmen, insbesondere diejenigen aus nicht-regulierten Branchen, versuchen, ihre Cloud-Strategie möglichst zeitnah in die Praxis umzusetzen und die Migration ihrer Anwendungslandschaft in die Cloud voranzutreiben. Viele der bislang vorgeschobenen Ausreden zur Notwendigkeit von Cloud Services sind kaum noch rational begründbar. Denn wer wirklich krisensicher sein will, vertraut nicht mehr ausschließlich auf die eigene On-Premise-Infrastruktur. Auch regulierte Branchen, wo insbesondere das Compliance- und Privacy-Thema noch deutlich prekärer ist, werden die Reise in die Cloud noch einmal neu prüfen. Hier braucht es eine etwas höhere Sensitivität bei der Transformation, ein Ausschlusskriterium sollte auch dies jedoch nicht sein.
Denn es gibt ausreichend Erfahrungswerte, Fachleute, ausgereifte Technologien und Handlungsoptionen, um den Weg in die Cloud so individuell wie nur nötig und so schnell, wie es das Unternehmen zulässt anzugehen. Von der offensichtlichen Notwendigkeit für diesen Schritt einmal ganz abgesehen, diese Lehre haben viele Entscheidungstragende in den letzten Wochen bereits machen müssen.
Daher erwarten wir, dass die Cloud-Transformationen der Unternehmen auf zwei Wegen neu entfacht werden:
- Cloud-Modernisierung itself: Es bleibt dabei, dass sich Lift & Shift-Szenarien nicht lohnen, um als Grundlage für die Cloud-Strategie zu zählen. Jedoch ist die Modernisierung der Anwendungen für viele Unternehmen sogar ein Quick Win, der Flexibilität, Performance und potenziell auch unmittelbare Kostenvorteile mit sich bringt.
- Cloud-Native-Transformation: Das Management moderner IT-Infrastrukturen läuft immer mehr in der Cloud und auf Basis von Containern ab. Open Source Tools rund um Kubernetes & Co. werden immer populärer und Enterprise-geeigneter. Daher können viele Unternehmen sogar eine Cloud-Native-First-Transformation anstreben.