Kein anderer Marketingbereich konnte in den letzten Jahren ein größeres Wachstum verzeichnen als das Online-Marketing. Zweistellige Wachstumsraten klingen phantastisch. In realen Zahlen ausgedrückt wird dieser Eindruck schnell wieder ins richtige Licht gerückt wenn man berücksichtigt, von wo man im Online-Marketing kommt. Bei einem Budgetanteil von ca. 1% Anfang der 2000er Jahre ist eine Steigerung von 30% pro Jahr nominal eine erstaunliche Steigerung, jedoch stellt es keine relevante Verschiebung im realen Budget dar.
Laut Zahlen des Online-Verbandkreis in BVDW – OVK, werden heute rund 20% der Werbebudgets für den Online-Sektor verwendet. Damit lässt das Online-Marketing so klassische Felder wie Radio-Werbung mittlerweile hinter sich.
Dies liegt an der Effizienz und Messbarkeit, die das Online-Marketing und hier speziell das eMail- und Content Marketing ermöglicht. Gegenüber den traditionellen Medienkanälen kann beim Online-Marketing jeder einzelne Klick gemessen und der Sales-Impact einzelner Kampagnen genau beziffert werden.
Alles fing mit dem Versenden einfacher Werbemails an unternehmenseigene Kundenverteiler an. Mittlerweile hat sich das eMail- und Direktmarketing deutlich weiterentwickelt. Um den Marketingauftritt ihrer Kunden stetig zu verbessern, haben sich die Technologieanbieter und Dienstleister der Marketingwelt weiterentwickelt und bieten derzeit unter dem Trendbegriff Marketing Automation neue Lösungen und Services an, die ein effektives und integriertes Online-Marketing über verschiedene Kanäle und Instrumente hinweg ermöglichen.
Derzeit kommen die größten Impulse aus den USA. Für die Anwender in Nordamerika ist der Einsatz der neuen Technologien alltäglich. Führende Anbieter wie Marketo bieten schon seit 2006 umfassende Lösungen in Sachen Marketing Automation, mit denen die Kalifornier die gesamte Bandbreite von der Identifikation des Kunden, über die Gestaltung des ersten Kundenkontakts, Aufbau der Kundenbeziehung, bis hin zur Analyse und Messung der ausgewählten Marketing-Maßnahmen abdecken.
Harte Konkurrenz bekommt Marketo seitens der großen Hersteller, die sich in den letzten Jahren mit spezifischen Zukäufen erheblich verstärkt haben.
Quelle: Crisp Research 2013, Unternehmensangaben
Mehr zum Thema Zukauf von Marketingslösungen in den Artikeln “Wer gewinnt den Kampf um das IT-Budget des CMO?” und “Kampf um das IT-Budget des CMOs ist entbrannt” auf computerwoche.de .
Salesforce hat sein Portfolio mit Exacttarget angereichert, die wiederum zuvor Pardot eingegliedert hatten, womit Marketing Automation um das Thema Lead Management ausgebaut wurde. Oracle hat Eloqua akquiriert, während Microsoft bei Marketingpilot und IBM bei Silverpop zugeschlagen haben.
Im Gegensatz zu Marketo und Hubspot, die lediglich ein Europabüro in Dublin betreiben, pflegen nicht nur die großen Hersteller, die durchaus mehr als eine Office-Lokation in Deutschland verfügen, sondern auch Anbieter wie Teradata eine Niederlassung in Deutschland und stehen als Serviceanbieter somit in direkter Konkurrenz mit den innovativen Deutschen Agenturen wie DemandGen, Rabbit-emarketing, Jaron oder der der Deutschen Post Tochter optivo.
Dabei wächst nach Prognosen von Crisp Research der Markt für Marketing Automation-Lösungen und Services in Deutschland von 83 Millionen Euro in 2013 dynamsich auf rund 274 Millionen Euro in 2016. Grundlage ist die hohe Effektivität des Online-Marketing. Das Verhältnis des eingesetzten Budgets zu dem daraus resultierenden, messbaren Erfolg ist derzeit konkurrenzlos.
Doch ist alles Gold was uns da über den Atlantik anfunkelt? Können die lokalen Anbieter das Gleiche leisten oder gar besseren Service bieten? Welches sind die Punkte, die man als Entscheider über den Einsatz neuer Tools, Services und Partner beachten sollte?
Momentan bedienen sich die lokalen Dienstleister meist noch an den Technologien und Plattformen der US-Amerikanischen Anbieter. Eigene Technologien “made in germany” existieren derzeit nur vereinzelt. Die Preisgestaltung macht es Anwendern leicht in das Thema “Marketing Automation” einzusteigen. So kann man bei einigen Diensten kostenfrei loslegen und dann Services – je nach eigenen Ansprüchen – über eine monatlichen Gebühr (Basic, Standard, Professional, Enterprise,…) abrechnen. Investitionen in Software und Hardware fallen dabei nicht an – außer Großunternehmen planen die volle Integration der Marketing Automation-Lösung in die internen Marketing- und IT-Systeme (wie z.B. SAP oder Salesforce).
Die Preisspanne ist derzeit ziemlich breit. So schwanken die Preise von der Gratisnutzung bei Mailchimp, über 500$ pro Monat bei Marketo bis hin zu 2000$ pro Monat bei Eloqua (Oracle) für das Standardpaket Marketing Automation.
Die wichtigsten Kriterien zur Auswahl einer Markting Automation Lösung aus Perspektive von Marketing- und IT-Entscheidern:
Funktionsspektrum
Die gängigen Features von Online-Marketing-Tools werden von den meisten Anbietern abgedeckt. E-Mail-Markting, Social-Media-Marketing, SEO/SEM, Lead Management und viele Facetten der Analysemöglichkeiten hat jeder zu bieten. Einzig bei der Content-Aufbereitung bzw. Optimierung haben Marketo und eTrigue noch etwas Nachholbedarf.
Integrierbarkeit
Das Zusammenspiel der neuen Markting-Lösung mit der vorhandenen Applikationslandschaft sollte ein wichtiger Baustein der Entscheidungsfindung sein. Es wird am Markt kaum ein Anbieter existieren, der nicht behauptet, gut in die vorhandenen Systeme einbindbar zu sein. Allerdings ist davon auszugehen, dass die Großen dieser Welt, die sich durch einen Zukauf einer existierenden Lösung vergrößert haben, diese auch mit einer performanten Schnittstelle an ihre Plattformen angebunden haben. So bietet Eloqua ein Interface zu Oracle CRM oder Exacttarget ein Interface zu der Salesforce-Lösung. Allerdings bieten auch fast alle eine out-of-the-box Integration mit Microsoft Dynamics CRM an.
Einen der größten Integrationsumfänge bietet hierbei Marketo an, die neben den gängigen CRM wie Microsoft Dynamics CRM, Salesforce.com, Netsuite, Oracle und SugarCRM zum einen auch SOAP- als auch REST-APIs anbieten, über die eine Datensynchronisation innerhalb der Applikationsperipherie ermöglicht wird.
Datenschutz
Das wohl sensibelste Thema der Liste ist der Datenschutz. Was passiert z.B. mit personalisierten Maillisten, die ich für meine E-Mail-Kampagne übergebe? Wo werden diese Daten gespeichert und wie sind sie gesichert? Die Wahrscheinlichkeit ist hoch – NSA sei Dank – , dass hiesige Unternehmen es bevorzugen, wenn sensible Kundendaten in Deutschen Rechenzentren gespeichert werden, anstatt irgendwo in Nordamerika.
Hinzu kommt die Herausforderung, dass nicht jedes Tool, das zum Schutz der sensiblen Daten eingesetzt wird, der entsprechenden Gesetzeslage genüge tut, da es entweder zu alt ist oder nicht auf der Gesetzesgrundlage des Einsatzlandes beruht. Auch hier liegt die Annahme nahe, dass sich die lokalen Unternehmen näher an unseren gesetzlichen Vorgaben bewegen.
Service und Support
Ist dieser cloud-basierten Dienst erstmal customized und live gesetzt, ist der Kunde in der Lage, seine Marketing-Aktivitäten selber zu steuern, und das mit einem übersichtlichen Zeitaufwand – so die Idee. Doch auch hier steckt der Teufel wohl im Detail. Ein gewisser Anteil Beratungsleistung wird in den überwiegenden Fällen immer noch anfallen. Und sei es, dass das CRM im Hintergrund ein Update bekommen hat und die angepriesene Integration nicht mehr tut was sie soll.
In diesen Fällen könnte es sich auszeichnen, dass man einen Anbieter gewählt hat, der lokal ein Professionell Service anbietet und somit etwas flexibler eingreifen könnte.
Ausblick und Empfehlung
Marketing- und IT-Entscheider sind in der glücklichen Lage, ein breites Spektrum an neuen Marketing Automation Technologien und Services zur Auswahl zu haben. Der modulare Aufbau der Plattformen und die günstigen Monatsmietpreise schaffen gute Möglichkeiten für den Einstieg und das Testing von Marketing Automation-Kampagnen und Prozessen. Haben Anwender in Großunternehmen komplexere Anforderungen hinsichtlich Datenschutz und Integration stehen eine Vielzahl spezialisierter Dienstleister zur Unterstützung bereit. Es stellt sich lediglich die Frage, wie schnell sich die Unternehmen auf den Weg zur digitalisierten Kundenbeziehung machen wollen und können.