- Salesforce kauft Tableau für knapp 16 Mrd. USD – Der hohe Kaufpreis ist ein klares Signal, dass wir schon im neuen Paradigma – dem “Age of Data” angekommen sind. Da Tableau frühzeitig auf die Analytics User Experience und datenbasierte Geschäftsmodelle gesetzt hat, lässt sich der hohe Kaufpreis durchaus rechtfertigen – zumal dieser komplett in Salesforce Aktien gezahlt wird.
- Analytics als strategischer Digital Value Add und Innovationstreiber – Nicht nur Salesforce schlägt als Cloud- und SaaS-Company im Bereich Analytics zu – auch Google hat kürzlich 2,6 Mrd. USD für die Analytics-Company Looker bezahlt. Es wird somit deutlich, dass der Value Add und Innovationstreiber von Anwendungen und Cloud-Diensten maßgeblich durch die Analyse und Insights getrieben wird – und durch das Potenzial von zusätzlichem “Data Business”.
- Analytics meets Application – Wie sieht die Post Merger Strategie aus? Die Deal-Logik ist klar. Anwendungen und Daten von Salesforce treffen auf innovative Analytics- und Visualisierungs-Technologie von Tableau. Auch für Kunden eine verlockende Story – solange Salesforce bei der Post-Merger-Integration genügend Leine lässt und Tableau-Kunden nicht zu stark in die Salesforce-Welt zwingt. Offenheit und APIs sind wichtige Erfolgskriterien.
Mit der Ankündigung, den Analytics- und Datenvisualisierungs-Spezialisten Tableau für rund 16 Mrd. USD zu übernehmen, hat Salesforce sicherlich ein “Bold Statement” gemacht und sich als strategischer Player im Cloud- und Data-Business zurückgemeldet.
Nachdem man bei LinkedIn nicht zum Zuge kam und auch die Akquise des Integrations- und Middleware-Providers Mulesoft in 2018 für Business-, Marketing- und Digital-Entscheider eher wenig relevant war (intern war die Akquise im Hinblick auf die Integration Experience allerdings sehr relevant), ist der Kauf von Tableau nun ein wirklich strategischer Zukauf mit erheblichen Wachstums- und Synergie-Potenzial – und dies vor allem für Salesforce-Kunden, die nun mehr aus ihren Daten machen können.
Das Zeitalter der Daten hat begonnen
Denn die Mehrheit der CEOs und Geschäftsführer haben den Wert der Datenbestände im Unternehmen mittlerweile erkannt und sehen diese nicht länger nur als Kostenproblem für die Speicherung der dynamisch steigenden Datenmengen. So gibt es immer mehr Unternehmen, die den Wert ihrer Data Assets messen und bewerten. Neben einer Bilanzierung der Data Assets spielt die Messung über die direkten Umsätzen aus neuen, datenbasierten Geschäftsmodellen zukünftig eine ganz wesentliche Rolle.
Dies deutet klar darauf hin, dass sich die Unternehmen nicht mehr in der Evangelisierungs- und Strategiefindungsphase befinden, sondern das “Data Business” als einen konkreten Bestandteil ihres Produkt- und Leistungsportfolios betrachten. Dies reflektiert sich auch darin, dass in den Business Plänen der Unternehmen und den Zielvorgaben der Digitalisierungs-Manager (Chief Digital Officer & Co.) klare Meilensteine und Umsatzanteile für das Geschäft mit den Daten enthalten sind. Die Erwartungshaltung ist vielerorts sehr hoch. Demgegenüber steht eine Vielzahl an erfolgreichen Projekten und Ansätzen – über Unternehmens- und Branchengrenzen hinweg – die belegen, dass sich mit datenbasierten und Analytics-getriebenen Geschäftsmodellen gutes Geld verdienen lässt.
Doch das größte Innovations- und Marktpotenzial liegt nicht mehr in der Verbesserung interner Prozesse, sondern in der Entwicklung und Vermarktung von Analytics Services und “Data Products”, die am Markt als eigenständige Produkte und Dienste angeboten werden können. Im Rahmen der digitalen Transformation wollen traditionsbewusste Mittelständler, globale Konzerne sowie innovative Startups datenbasierte Geschäftsmodelle etablieren, welche aus den Datenbeständen neue Insights und Mehrwerte generieren. Dabei ist das Spektrum an Analytics Services und Data Products sehr breit. Es reicht vom reinen Verkauf von Wetter- oder Verkehrsdaten über Marktplätze für Daten und APIs bis hin zu branchen- oder themenspezifischen “Analytics-as-a-Service”-Angeboten im Kontext von Predictive Maintenance, Preisprognosen oder dem Monitoring von Social Media-Daten.
Analytics als strategischer Digital Value Add und Innovationstreiber
Diese Kunden und dieses Innovationspotenzial haben Salesforce und Google im Auge, wenn sie Milliarden in die Akquise von Analytics- und Data Companies stecken. Man will seitens der großen Cloud und Technology Provider den Kunden nicht mehr “nur” die einzelnen Cloud-Dienste (von IaaS bis SaaS) verkaufen, sondern auch beim Aufbau und der Skalierung von datenbasierten Lösungen und Geschäftsmodellen mitverdienen.
Dies ist sicherlich nicht ganz einfach – vor allem in Deutschland und der Europäischen Union, wo DSGVO und GDPR teilweise restriktive Vorgaben für die Nutzung, Weitergabe und Kommerzialisierung von Daten (vor allem personenbezogenen Daten) machen.
Man muss dabei konstatieren, dass Tableau hier einen guten Job gemacht hat. So hat Tableau nicht nur eine Produktstrategie verfolgt, die von Beginn an auf die User Experience und das Enablement “einfacher” Nutzer gesetzt hat – statt BI und Analytics nur den Experten aus den BI-Abteilungen zu überlassen (“Demokratisierung von BI”). Auch hat Tableau frühzeitig eine Community aufgebaut und die Vielfalt und Kreativität im Umgang mit Daten unter seinen Nutzern gefördert. So wanderte ein Großteil der Marketing-Dollars in Aktivitäten zur Etablierung einer “Data Culture” – auch in den Kundenunternehmen. Und schlussendlich hat Tableau ebenfalls erkannt, dass der wirkliche Wert von Analytics in der Kreation neuer datenbasierter Lösungen (“Analytics-driven Business Solutions”) und Geschäftsmodelle liegt – und dafür auch sein Lizenz- und Partnermodell umgestellt.
Diese Kombination aus User Experience, einer starken Community und dem Spürsinn für neue datenbasierte Geschäftsmodelle und Produkte, hat sicherlich dazu beigetragen, dass Salesforce sich Tableau als strategischen Partner für Analytics ins Boot holt – und für die Akquise mehr als 10% seines gesamten Firmenwertes ausgibt.
Betrachtet man die Entscheidungskriterien, die Data Business Owner und Digital-Entscheider bei der Auswahl einer Data- und Analytics-Plattform berücksichtigen sollten, kann Tableau ein guter Fit bestätigt werden:
- Leichte Integration unterschiedlichster Datenquellen und -Typen
- APIs zur Integration von Echtzeitdaten aus Cloud-Anwendungen
- Vielfältige Visualisierungsmöglichkeiten und übersichtliche Dashboards
- Herausragende User Experience für einfache Handhabung (nicht jeder ist ein „Data Scientist“!)
- Cloud-basiertes Processing für große Datenvolumina
- Machine-Learning und KI für vorausschauende Prognosen („Predictive Analytics“)
Analytics meets Application – Wie sieht die Post Merger Strategie aus?
Die Logik des Deals liegt also auf der Hand und wurde seitens des Salesforce-Gründers Benioff ja auch prägnant formuliert “We are bringing together the world’s #1 CRM with the #1 analytics platform.”
Dennoch stellt sich die Frage, wie die Integration und Post-Merger-Phase gestaltet wird – und sich gegebenenfalls der Umgang mit den Kunden und die Lizenzierung der Produkte ändert.
Was sicherlich gut passt:
- viele Salesforce-Kunden nutzen ohnehin Tableau – hier ergeben sich Synergien bei der Integration, der Lizenzierung sowie dem Professional Service
- beide Firmen leben von ihrer Community und sind stark durch ihre Ökosysteme und Partner getrieben
- beide Unternehmen verstehen die Gesetze des Cloud-Marktes im Hinblick auf Skalierung, APIs, Geschäftsmodelle und die Relevanz von Plattformen
Was schwierig werden könnte:
- während Tableau einen sehr offenen Plattform- und Ökosystem-Ansatz verfolgt, hat Salesforce seine Kunden stärker in seinen Technologie- und API-Stack “gebunden” – hier wird sich zeigen, wie “offen” Tableau zukünftig noch sein kann – zumal Tableau auch mit vielen Salesforce-Wettbewerbern partnert
- Tableau ist in den letzten Jahren stark gewachsen – und das Management hat im Hinblick auf Wachstum und Innovation lange unter Hochdruck gearbeitet – hier stellt sich die Frage, wie lange die Leader und zentralen Personen noch an Bord bleiben, wenn der Deal abgeschlossen ist
- Unklar bleibt auf Sicht der kommenden 6-12 Monate wohl, wie sich die Lizenzpolitik auf Seiten von Tableau zukünftig ausgestaltet – solange das Produkt innovativ weiterentwickelt wird, ist dies für Kunden wohl das geringste Problem
Sollten Sie als Kunden von Salesforce oder Tableau weitere Fragen haben, oder sich mit einem unserer Analysten austauschen wollen, sprechen Sie uns gerne an!