Das offene Cloud-Management Framework OpenStack gilt bei vielen CIOs und Cloud-Strategen immer noch als reine Marketingmaschine. Doch dieser Eindruck täuscht. Mit neuem Release (“Icehouse”) und der ernsthaften Unterstützung großer IT-Anbieter mausert sich das Open Source-Projekt zum führenden Cloud-Standard.
Mit dem jüngsten Release namens “Icehouse” hat die OpenStack-Community den Beweis echter Innovationskraft angetreten. Das Ökosystem entwickelt sich kontinuierlich weiter, so dass Crisp Research davon ausgeht, dass sich OpenStack in Europa in den kommenden 18 bis 24 Monaten zum de-facto Standard für das Management von hybriden Cloud-Umgebungen entwickeln wird.
Berechtigterweise fragen sich viele IT-Entscheider warum ein relativ neues Open Source-Framework innerhalb von nur drei Jahren eine solche Relevanz entwickeln konnte. Dafür gibt es gute Gründe. Und diese haben viel mit der Entwickung des Cloud-Marktes in den letzten Jahren zu tun.
Cloud-Realität 1: Hybride Clouds bestimmen die Unternehmens-IT
Seitens AWS (Amazon Web Services) und Google wurde lange propagiert, dass “echtes” Cloud Computing nur in Form von Public Clouds (Self Services + Shared Infrastructures) daherkommt. Das ist vor dem Hintergrund der Strategie der beiden Unternehmen auch verständlich, haben beide doch nur dieses eine Betriebskonzept im Angebot. Die Unternehmensrealität sieht aber anders aus. Deswegen machen die Investitionen in Private Cloud-Umgebungen in Europa auch noch mehr als 80 Prozent der Ausgaben für IaaS aus. Dennoch wollen große Unternehmen und Behörden nicht darauf verzichten, temporär oder für ausgewählte Workloads (eCommerce, Digital Marketing, Mobile) auch skalierende IaaS-Ressourcen extern einzukaufen. So haben sich in fast allen großen Unternehmen hybride Cloud-Betriebskonzepte herausgebildet.
Hinzu kommt, dass in vielen Unternehmen bereits mehrere Cloud-Umgebungen existieren, die nun miteinander verbunden werden wollen. Dieser neuen Realität beginnen sich einige der Public-Cloud-Anbieter anzupassen. Salesforce baut mit T-Systems einen Brückenkopf und lokale Infrastrukturen in Deutschland. AWS baut seine Angebote im Bereich Dedicated Connections aus, um die Anforderungen der Enterprise-Kunden besser zu erfüllen. Doch für die Verbindung multipler Cloud-Umgebungen fehlt heute noch ein einheitlicher Standard. OpenStack stellt zum jetzigen Zeitpunkt, eine der wenigen Möglichkeiten dar, um hybride Cloud-Umgebungen einheitlich und zukunftssicher aufzubauen und zu betreiben.
Cloud-Realität 2: Keine Single-Vendor Clouds
Natürlich lassen sich hybride Cloud-Umgebungen auch ohne OpenStack realisieren. Aber es existieren nur wenige globale Technologie-Anbieter deren Cloud-Portfolio die komplette Spannbreite vom Private-Cloud-Bau bis hin zu Public-Cloud-Services abdeckt. HP, IBM, Microsoft sind hier klar in der Führungsposition. Für Anwender die eine komplette Single-Vendor-Strategie fahren, lassen sich hybride Cloud noch relativ leicht aufsetzen, ohne dass die Integrationskosten ins unermessliche steigen. Doch diesen Vendor-Lockin wollen nur noch wenige Anwender langfristig eingehen. Und das zu Recht. In der Realität bestehen Cloud-Umgebungen im Enterprise-IT-Umfeld aus eine Mehr- beziehungsweise Vielzahl an Komponenten und Technologien. Beim Bau und Betrieb einer Private Cloud werden durchschnittlich sechs verschiedene Anbieter eingesetzt. Sollen nun unterschiedliche Cloud-Infrastrukturen miteinander verzahnt oder Public Clouds (AWS, Azure, Google, HP) angebunden werden, steigt die Komplexität und das Schnittstellenmanagement dramatisch an.
Es ist davon auszugehen, dass auch zukünftig nur wenige “Single-Vendor Clouds” existieren werden. Das Zusammenspiel der Technologiekomponenten untereinander und die Unterstützung offener Standards ist daher auch für die Anbieter absolut erfolgsentscheidend. Denn nur wenn deren Cloud-Dienste und -Technologien untereinander kompatibel sind, lässt sich das Cloud-Marktpotenzial voll ausschöpfen. Aus diesem Grund investieren viele der führenden Technologie- und Serviceprovider in die Entwicklung von OpenStack. So kündigte HP kürzlich weitere Investments in Höhe von 1 Milliarde US Dollar an, um einerseits das eigene Portfolio OpenStack-ready zu machen sowie andererseits die Community bei der Weiterentwicklung des OpenStack-Kernel zu unterstützen.
Cloud-Realität 3: Cloud Design Principles – Open, Secure, Efficient
Für CIOs und Cloud-Architekten stellt sich schon seit einiger Zeit die Frage, wie sich Cloud-Umgebungen für den Unternehmenseinsatz idealerweise gestalten lassen. Während die letzten Jahre noch im Zeichen des “Trial and Error” standen und die Mehrzahl der Cloud-Deployments eher explorativen Charakter hatten, werden nun auch großvolumige Projekte für den produktiven Einsatz gestartet. Im Jahr 2014 ist bei Ausschreibungen gegenüber 2012 nahezu eine Verfünffachung der Server- beziehungsweise Storage-Kapazitäten zu verzeichnen.
Doch nach welchen “Cloud Design Principles” sollen neue Cloud-Umgebungen geplant und ausgeschrieben werden? Crisp Research empfiehlt Anwender sich an den Prinzipien Offenheit, Sicherheit und Effizienz zu orientieren. Und gerade in den Bereichen Offenheit und Effizienz liefert OpenStack einen entscheidenden Beitrag.
So stellt OpenStack den derzeit einzigen de-facto Standard für IaaS-Management in Private und Public Cloud-Umgebungen und wird von einer Vielzahl von Technologie- UND Serviceprovider unterstützt (Überblick siehe hier). Das bedeutet für Anwender, dass bei der Anbindung externer Cloud-Infrastrukturen keine Probleme entstehen und VMs oder Worksloads “barrierefrei” von einer auf die andere Plattform wandern können. Hinzu kommt, dass OpenStack unter Apache Lizenz als quelloffenes System entwickelt wird. Es besteht für kundige Anwender die Möglichkeit der Einflussnahme und völlige Transparenz im Hinblick auf die Entwicklungshistorie und das Release Management. Hinzu kommt, dass auch die technologische Reife von OpenStack sukzessive zunimmt und mit der neuen Version auch Updates im Laufenden Betrieb möglich sind, sprich ohne die VMs herunterfahren zu müssen.
Aber auch im Hinblick auf das Cloud-Design-Prinzip der Effizienz leistet OpenStack seinen Beitrag. So bietet OpenStack als Open-Source-Framework unter Apache-Lizenz eine Möglichkeit die Kosten für Bau und Betrieb einer Cloud-Umgebung zu reduzieren. So machen heute die Lizenzkosten für die Cloud-Management und Virtualisierung noch rund 30 Prozent der gesamten Cloud-TCO aus. Über 50 Startups und große Softwareanbieter – allen voran VMware und Microsoft – haben in den letzten Jahren mit der Lizensierung entsprechender Tools gutes Geld verdient. Nun haben Anwender die Möglichkeit die Basis-Funktionalitäten für das Provisionieren und Verwalten von VMs und IaaS-Umgebungen über OpenStack zu realisieren. Entweder durch den Einsatz der kostenfreien Community-Edition oder auch als professionelle Distribution mit Enterprise Support – beides Möglichkeiten, die Cloud-Lizenzkosten deutlich zu reduzieren. OpenStack wird somit vor allem VMware und Microsoft unter Druck setzen und Anwendern helfen, die derzeit ihre Clouds noch nach “License-Driven-Architectures” aufbauen.
Ausblick: OpenStack und Microsofts Cloud OS dominieren
OpenStack ist nach einer kurzen Hype-Debatte auf gutem Wege, neben Microsoft Cloud OS einer der zentralen Standards für den Betrieb von hybriden Cloud-Umgebungen zu werden. Das Committment und die Investitionszusagen nahezu aller großen Technologieanbieter sprechen eine deutliche Sprache. Auch das neue Release (“Icehouse”) kann als Meilenstein hinsichtlich Stabilität und Funktionalität gelten und hat viele Fehler ausgemerzt.
Jetzt stellt sich die Frage, welcher der großen Cloud-Anbieter in der Lage sein wird seine Partner und Kunden am schnellsten von OpenStack zu überzeugen. Denn nach dem jahrelangen Cloud-Marketinghype sind viele müde und wollen sich nur ungern wieder mit neuen Technologien und Standards auseinandersetzen. Auf Seiten von HP, IBM, Red Hat & Co sind also echte Überzeugungsarbeit und lokale Use Cases gefragt, die die Versprechen der OpenStack-Cloud nachvollziehbar und belegbar machen.