- Das IT- und Architekturdesign ist gepägt vom Container-Orchestrierungsstandard Kubernetes – Anbieter und Anwender richten ihre Services immer stärker daran aus
- VMware bringt mit Tanzu ein Kubernetes-basiertes Portfolio für die Entwicklung und Verwaltung von Software in hybriden Umgebungen und stellt sogar die Vormachtstellung der VMs in Frage
- Künftig wird VMware auch in seinem Kernportfolio wie der vSphere stärker auf Kubernetes setzen und unterstreicht damit die Relevanz und Entwicklung zu einer agilen, hybriden und container-gesteuerten Anwendungsentwicklung und deren Betrieb
Die IT-Abteilungen der Unternehmen in der DACH-Region stehen noch immer vor einem ungelösten Problem: Wie gelingt es ihnen, eine moderne IT-Architektur aufzubauen und zu betreiben, die den wachsenden Anforderungen des Business genügt, die traditionellen Workloads optimal unterstützt und das meiste aus dem Fortschritt und Potential der Cloud- und Cloud-Native-Technologien holt?
Bis zuletzt hieß die Antwort häufig: “Wir machen alles, aber irgendwie voneinander unabhängig. Alle Anforderungen unter einen Hut und in eine Architektur zu bekommen, werden wir nicht schaffen!”
Reaktion auf den Siegeszug von Cloud Native?
Die Entwicklungen der letzten 12 Monate, insbesondere der Run von Kubernetes auf die Hybrid Cloud, unterstützt durch die Cloud Native Computing Foundation als Organisation hinter Kubernetes, die Cloud Hyperscaler und zahlreiche Open-Source-Projekte, haben jedoch vielerorts schon den Beweis erbringen können, dass möglicherweise doch alle drei Ziele (moderne Architektur, neue Business-Anforderungen, Betrieb traditioneller Workloads) miteinander vereinbar sind. Google Anthos, Azure Arc, On-Premise Kubernetes Services und Co. sowie die Partnerschaften von VMware mit AWS, Microsoft und Google versprechen mehr Synergien als viele Entscheider – nicht ohne Grund – für unmöglich gehalten haben. Unsere Cloud Native Trends beweisen, dass diese keine Strohfeuer sind.
Stand heute wird nach wie vor die Mehrheit der kritischen Enterprise- Applikationen außerhalb der Public Cloud betrieben. Etwa 60 bis 80 Prozent dieser sind in Private Clouds bzw. On-Premise im Betrieb. Künftig wird sich der Anteil sicherlich verschieben, da immer mehr kritische Workloads auch neue digitale Workloads sind, die als digitale Plattform den Umsatz des Unternehmens sichern, nach wie vor aber auch in die Legacy-IT integriert werden können.
Noch in diesem Jahr wollen zwei Drittel der Unternehmen in der DACH-Region ihre Erfahrungen mit Cloud-Native-Technologien gemacht haben. Dies zeigt unsere aktuelle Studie zu Cloud Native im Unternehmenseinsatz, die wir in Kürze auf unserem Research-Bereich veröffentlichen werden. Das heißt, dass sie zumindest in Testumgebungen mit Cloud-Native-Technologien, wie insbesondere Containern und Kubernetes für den Produktiveinsatz ausprobieren.
Ihr Unternehmen gehört noch nicht dazu? Oder sind Sie möglicherweise noch zögerlich, weil die neue Welt der Open-Source-Projekte und Tools zu viel Veränderung in der langjährig gewachsenen IT bedeutet?
Dann sind Sie zumindest nicht ganz allein. Auch wenn sich allgemein eine wachsende Euphorie um die Cloud-Native-Technologien einstellt, sind die Entscheider noch nicht soweit, dass sie die Relevanz derselben für unermesslich halten.Wir von Cloudflight sind indes überzeugt, dass fast ausnahmslos alle Unternehmen schon sehr bald einen signifikanten Teil ihres IT-Betriebs unter Zunahme der Cloud-Native-Technologien bewerkstelligen, entweder selbst oder mit dem geeigneten Umsetzungspartner.
Gleiches gilt für VMware. Der Virtualisierungsriese, der in seinem Segment fast 85 Prozent der Marktanteile weltweit hält, hat sich in den letzten zwei Jahren auf die Reise in die Kubernetes-Welt gemacht. Mit zahlreichen Akquisitionen, darunter die Integration von Pivotal im Dell-Verbund, des Container-Startups Heptio und zahlreichen Partnerschaften, ist VMware bemerkenswerterweise näher an einen Open-Source-Kurs gerückt als viele es für möglich gehalten haben. Nun stehen mit dem Projekt Pacific und Tanzu große Neuerungen des VMware-Portfolios ins Haus.
Das Tanzu-Portfolio – Echte Hybrid und Multi Cloud für VMs und Container
VMware Tanzu wurde im vergangenen August auf der VMworld als neues Produkt- und Service-Portfolio von VMware zur Entwicklung, dem Betrieb und der Verwaltung von Software auf Kubernetes vorgestellt. Mittlerweile befindet sich Tanzu in der Public Beta und wird von einigen Unternehmen in Test- und ersten Produktivumgebungen genutzt.
Tanzu bringt viel VMware-Stallgeruch mit mit und ist insbesondere in das eigene Ökosystem eingebettet. Durch die enge Integration zur vSphere (insbesondere Version 7, die ein umfangreiches Kubernetes-Update erhält), NSX und Co. sind viele bekannte Oberflächen der VMware Steuerungs- und Sicherheitsarchitektur nur einen Klick entfernt.
Funktional geht das Tanzu-Portfolio deutlich weiter als viele der anderen Ansätze. Gewachsen aus dem ehemaligen Pivotal und CloudFoundry-Portfolio ist Tanzu eine runderneuerte Variante, die nicht nur die Verwaltung von Anwendungen in Kubernetes sondern auch zahlreiche weitere Features umfasst.
So bietet Tanzu in der Endausbaustufe:
- Build & Run – Entwicklungsumgebungen und Tools für den Betrieb von Anwendungen in Containern
- Connect & Protect – Schnittstellen und eine offene Betriebsarchitektur für On-Premise bzw. Private Clouds oder Hyperscaler inklusive Sicherheitsfeatures aus dem NSX-Portfolio für das Netzwerk
- Manage – Services zur Verwaltung und Monitoring der Container und dessen Microservices-Anwendungen
- Experience – Eine Sammlung von empfohlenen Open-Source-Tools auf Basis des integrierten Bitnami-Stacks
Damit verspricht Tanzu letztlich mehr Features als vergleichbare Lösungen von Google (Anthos) oder ähnliche. Durch die Integration in vSphere 7 können virtuelle Maschinen und Container in einer Oberfläche verwaltet und teilweise sogar mit den gleichen Policies verwaltet und betrieben werden.
Das funktioniert teilweise mit gängigen Open Source Tools wie dem Service Mesh Tool Istio oder fluentd für Logging, mehrheitlich aber mit eigenen VMware-Tools, die kürzlich hinzugekauft oder seit Jahren im Portfolio existieren und erweitert wurden.
Der Lock-In-Faktor besteht trotz aller Offenheit damit weiterhin.
Is VMware eating the world?
Trotz des Hypes und der Euphorie um die neuen innovativen Technologien wird ein Großteil der business-kritischen Use Cases auf klassischen IT-Infrastrukturen betrieben. Dieser Vorteil lässt VMware nach wie vor als starken Player im Markt existieren. Entgegen der Hoffnung vieler Treiber konnte bei der Cloud-Transformation im eigenen Unternehmen nicht jede Software nativ auf der Public Cloud betrieben werden und alle Vorteile mit sich bringen, die in Aussicht gestellt wurden.
Vielmehr wird auch paketierte Software in Kubernetes-Umgebungen jetzt zu einem Faktor, da die Anpassung oder Neuentwicklung der Lösungen in eine agile Microservices-Umgebung nicht immer einwandfrei funktionierte.
VMware ist somit wieder in der günstigen Ausgangsposition, den Großteil der relevanten Anwendungen in seinen eigenen Reihen betreiben zu können. Mit der Integration in die vSphere 7, die ihrerseits immer mehr auf Kubernetes basiert, und der Anbindung aller relevanten Public Clouds, folgt VMware Tanzu der Idee des Infrastruktur-unabhängigen Managements der Container und Anwendungen. In der Zukunftsvision von VMware werden virtuelle Maschinen und Container, die bisweilen als Gegensätze an den Start gegangen sind, gemeinsam auf Basis von Kubernetes verwaltet. Dabei könnte es für VMware sogar unerheblich sein, ob diese Anwendungen in der Public Cloud oder doch noch On-Premise betrieben werden.
Mit Hilfe der Partnerschaften mit allen Cloud-Providern ist die Zweckehe perfekt, die VMware zum Überleben brauchte und nun als Innovationsmotor in der nächsten Runde der Enterprise-IT nutzen kann.
Die Cloud-Anbieter haben ihrerseits zwar vergleichbare Tools an den Start gebracht (Google Anthos, Azure Arc etc.), die nicht nur vielversprechend sondern auch technisch sehr ausgereift sind und bereits zurecht hohe Erwartungen der Entscheider geweckt haben. Doch gerade der Bezug von Cloud-Native-Technologien ist oft eine Herausforderung. Die wenigsten Unternehmen sind in der Lage, ihre individuellen Softwareerzeugnisse, die zunehmend erfolgskritisch werden, komplett eigenständig im Self-Service zu betreiben. Der Großteil der Unternehmen sucht nach Managed-Service-Alternativen.
So zählen beispielsweise wir von Cloudflight zu den Begleitern dieser Strategien, die Software auf Basis der neuesten Technologie-Standards entwickeln und in Kubernetes-Umgebungen auf der Public oder Private Cloud bereitstellen.
VMware hat darüber hinaus in seinem Tanzu-Portfolio selbst viele Services als Managed Service bereitgestellt, sodass die Komplexität für die Anwender noch einmal deutlich reduziert wird.
VMware Tanzu – Schon bereit, den Markt zu dominieren?
VMware Tanzu ist vor allem zweierlei:
- Das Sinnbild der Vision von VMware, virtuelle Maschinen und Container unter einer hybriden Verwaltungs- und Orchestrierungsplattform zu vereinen
- Die nächste Generation des VMware-Portfolios, das über Erfolg und Misserfolg der nächsten Jahre entscheidet
Im Gegensatz zu vielen der bestehenden Kubernetes-Distributionen, Tools und Management-Plattformen setzt VMware nicht unbedingt auf einen komplett offenen Best-of-Breed-Ansatz, sondern packt einen Großteil des VMware-Portfolios in Tanzu oder integriert es besonders eng. Für viele Unternehmen, die sich schon seit einiger Zeit VMware für ihren Infrastruktur-Stack verschrieben haben, ist dies womöglich eher Segen als Fluch. Für die neue Generation der Entwickler, digitalen Startups und Unternehmen ohne VMware-Footprint ist der Lock-In-Faktor vermutlich ein entscheidender Blocker, sodass sie weiterhin auf offene Lösungen aus dem CNCF-Umfeld oder mit RedHat OpenShift setzen werden.
Dennoch läutet VMware eine neue Ära ein und macht damit vielen Unternehmen im Enterprise-Umfeld den Einstieg in Kubernetes leichter und errichtet eine mächtige Architektur für die umfangreiche Orchestrierung der Anwendungslandschaft. Diese muss sich beweisen und einige Kinderkrankheiten überwinden. Denn die Beta-Version von Tanzu lässt noch einige Fragen offen und bietet nicht alle Funktionen der geplanten fertigen Ausbaustufe. Wenn die Unternehmen tatsächlich auf den Trend aufspringen, ihre virtuellen Maschinen und Container in einer Umgebung pflegen und betreiben zu wollen, ist die Erfolgschance für VMware groß.
In einem wachsenden Markt werden aber auch für die wahren Cloud Native und Open Source Fans genügend Alternativen geboten werden, sodass die Co-Existenz von Tanzu mit vielen anderen Optionen und der CNCF auch langfristig gewahrt wird.