Auch wenn Platform-as-a-Service (PaaS) immer wieder eine rosige Zukunft vorhergesagt wurde, so richtig kommt das Servicemodell nicht in Fahrt. In Gesprächen erfährt man dann, dass PaaS zwar gerne für die Entwicklung von Prototypen genutzt wird. Wenn es um den Produktivbetrieb geht, wird aber auf ein Infrastructure-as-a-Service (IaaS) Angebot gewechselt. Der Hauptgrund ist das Kontroll-Level. Dabei handelt es sich ebenfalls um das Hauptentscheidungskriterium für bzw. gegen einen PaaS. IaaS bietet einfach mehr Möglichkeiten, Einfluss auf die virtuelle Infrastruktur, Software und Services zu nehmen. Bei einem PaaS hingegen wird gegen eine standardisierte API programmiert, die nicht viele Freiheiten ermöglicht. Dabei bietet ein PaaS vor allem für ISVs (Independent Software Vendor) und Unternehmen einige Möglichkeiten, um ihre Entwickler bequem mit Ressourcen zu versorgen. Wer kein Vertrauen in einen Public PaaS hat, der kann mittlerweile auch auf gehostete sogenannte Hosted Private PaaS zurückgreifen.
Platform-as-a-Service
Platform-as-a-Service (PaaS) ist die mittlere Schicht des Cloud Computing Service-Models und geht einen Schritt weiter als Infrastructure-as-a-Service (IaaS). Ein PaaS ist dafür zuständig eine transparente Entwicklungsumgebung bereitzustellen. Dabei stellt der Anbieter eine Plattform zur Verfügung auf der (Web)-Anwendungen entwickelt, getestet und gehostet werden können. Die Anwendungen werden anschließend auf der Infrastruktur des Anbieters ausgeführt und nutzen dessen Ressourcen. Der vollständige Lebenszyklus einer Anwendung kann darüber verwaltet werden. Über APIs werden die Dienste auf der Plattform des jeweiligen Anbieters angesprochen. Der Vorteil besteht darin, dass vor allem kleine Unternehmen ihre Entwicklungsinfrastruktur auf ein Minimum beschränken können. Sie benötigen lediglich einen Computer, einen Web-Browser, evtl. eine lokale IDE, eine Datenverbindung und ihr Wissen, um Anwendungen zu entwickeln. Der Rest obliegt dem Anbieter, der für die Infrastruktur (Betriebssystem, Webserver, Laufzeitumgebungen etc.) verantwortlich ist.
Quelle: Cloud Computing mit der Microsoft Plattform, Microsoft Press PreView 1-2009
Hosted Private Platform-as-a-Service
Hosted Private Platform-as-a-Services (Hosted PaaS) überführen die Idee des Public PaaS in eine dedizierte und von einem Anbieter verwaltete Variante. Sie ist insbesondere für Unternehmen attraktiv, die einen Public Ansatz (Shared Infrastructure, Multi-Tenancy) meiden wollen, aber nicht die Ressourcen und das Wissen besitzen, um ihren Entwicklern einen echten PaaS in der eigenen IT-Infrastruktur bereitzustellen. In diesem Fall können sie auf Anbieter zurückgreifen, die ihnen einen exklusiven PaaS in einer für sie reservierten Umgebung zur Verfügung stellen. Der Vorteil besteht darin, dass der Kunde den Hosted Private PaaS genau so nutzen kann wie einen Public PaaS, aber das auf einer nicht geteilten Infrastruktur, die sich beim Anbieter im Rechenzentrum befindet.
Ein weiterer Vorteil eines Hosted PaaS besteht in den Professional Services, die der Anbieter direkt mitliefert, und die dem Kunden dabei helfen, seine Applikationen entweder auf den PaaS zu überführen oder dort neu zu entwickeln. Das Konzept ist exakt vergleichbar mit den Managed Clouds bzw. Business Clouds im IaaS Umfeld. Das ist sowohl für Unternehmen, aber auch für ISVs interessant, die bisher wenig bis keine Erfahrung bei der Entwicklung von Cloud Applikationen haben und Public Angeboten wie Amazon Elastic Beanstalk, Microsoft Windows Azure, Heroku oder Force.com nicht vertrauen.
Ein mögliches Zeichen dafür, dass Public PaaS in Deutschland nicht so richtig in Fahrt kommt ist, das der erste deutsche PaaS Anbieter cloudControl mit der Application Lifecycle Engine seinen Public PaaS in einen Private PaaS gekapselt hat, mit dem Unternehmen und Webhoster (White-Label) einen eigenen PaaS in einer selbstverwalteten Infrastruktur betreiben können. Zusätzlich lässt sich eine Brücke zu einem Hybrid PaaS aufspannen.
Der Managed IaaS Anbieter Pironet NDH ist der erste deutsche Anbieter, der auf den Hosted Private PaaS Zug aufgesprungen ist. Das Unternehmen aus Köln will damit ISVs und SaaS Anbieter eine Plattform inklusive Professional Services bieten, um deren Web-Applikationen aus einem deutschen Rechenzentrum heraus bereitzustellen. Neben .NET, PHP, Java, Perl, Python, Ruby, node.js oder Go bietet Pironet NDH ebenfalls die vollständige Windows Azure PaaS Unterstützung, wie sie von der Microsoft Windows Azure Public Cloud bekannt ist. Damit lassen sich auf für Azure entwickelte Applikationen ebenfalls innerhalb des deutschen Pironet NDH Rechenzentrums betreiben. Beide PaaS Angebote sind separat aufgebaut. Bei dem Polyglot PaaS (multi-language) kommt eine RedHat OpenShift Implementierung zum Einsatz. Der Azure PaaS basiert auf dem Microsoft Windows Azure Pack. Auch wenn sich Pironet NDH vorwiegend auf 1:1 Geschäftsbeziehungen konzentriert, werden im Q1/Q2 2014 ebenfalls Public PaaS Varianten folgen, die allerdings nur sekundär vermarket werden sollen.
Insbesondere bei traditionellen ISVs rennt Pironet NDH mit seinem Angebot offene Türen ein. Deren Kunden werden in Zukunft verstärkt nach Web-Applikationen fragen, was für den einen oder anderen ISV große Herausforderungen birgt. Diese werden unter anderem von den Professional Services profitieren, um bestehende und neue Applikationen schneller auf den Markt zu bringen.
Public Cloud Anbieter werden reagieren müssen
Der “Hosted Private” Trend kommt aus dem IaaS Bereich, in dem derzeit auch verstärkt Hosted Private Clouds in Form von Managed bzw. Business Clouds nachgefragt werden. Das aus gutem Grund. Insbesondere das Thema Datenschutz treibt ISVs und Unternehmen in die Arme von Anbietern dedizierter Lösungen. Zudem sind Kunden bereit, für eine höhere Sicherheit, Datenhoheit und Consulting mehr Kapital in Cloud-Angebote zu investieren.
Public Cloud Anbieter werden darauf reagieren müssen, um sich den Bedürfnissen der Kunden zu stellen. Mit Salesforce hat der erste große Public Cloud Player die Hosen heruntergelassen. Zunächst ein O-Ton von Joachim Schreiner, Salesforce Deutschland Geschäftsführer: “Private Clouds sind keine Clouds. Das ist nichts anderes als ein Application-Server-Provider-Vertrag, der auch schon im Jahr 2000 hätte abgeschlossen werden können, wenn die nötige Bandbreite verfügbar gewesen wäre.” Das sieht Salesforce CEO Marc Benioff scheinbar ein wenig anders. Schließlich rollt der Rubel nur dann, wenn die Kunden zufrieden sind. Dafür hat Salesforce auf der Dreamforce 2013 seinen “Salesforce Superpod” vorgestellt. Dabei handelt es sich um eine Dedicated Cloud auf Basis von HPs Converged Infrastructure. Also im Grunde genommen nichts anderes als eine Hosted Private Cloud.