Den digitalen Wandel erfolgreich zu vollziehen, ist derzeit Aufgabe aller Unternehmen und Branchen. In Deutschland wird das Wirtschaftswachstum vor allem durch den Mittelstand forciert. Als Rückgrat des Mittelstandes zählen Familienunternehmen besonders aufgrund ihrer Innovationsfähigkeit und der Technologiekompetenzen zu einer wichtigen Stütze der deutschen Wirtschaft.
Deutsche Familienunternehmen sind durch eine lange Tradition und die Fortführung der Anteilseigenschaft ihrer Eigentümerfamilie geprägt. Dadurch zeichnet sie eine langfristige Orientierung aus. Häufig agieren Familienunternehmen in klassischen Branchen und Handlungsfeldern wie der Industrie. Durch eine hohe Wertschöpfungstiefe und den Fokus auf die Qualität ihrer innovativen Produkte bieten sich viele Möglichkeiten der Prozessautomatisierung und der Aufwertung von Produkten mit digitalen bzw. softwarebasierten Modulen.
Die spezifische Unternehmenskultur der Familienunternehmen erfordert einen Spagat zwischen Tradition und Innovation. Für Familienunternehmen ist es an der Zeit, ihre Grundwerte, also ihren Fokus auf nachhaltiges Unternehmenswachstum, langfristige und enge Kunden- und Lieferantenbeziehungen sowie die Zufriedenheit ihrer Mitarbeiter, erfolgsversprechend in das digitale Zeitalter zu überführen. So gilt es den Zielkonflikt zwischen der langfristigen Strategie der Familienunternehmen und der hohen Geschwindigkeit von Innovationen und Veränderungsprozessen der Digitalisierung zu lösen. Auch die Konzentration auf ihr Kerngeschäft könnte ein Hindernis dafür sein, sich für neue Märkte und Geschäftsmodelle zu öffnen.
Um die Frage zu beantworten, wie Familienunternehmen im Gegensatz zu anderen mittelständischen und großen Unternehmen den digitalen Wandel angehen, hat Crisp Research in Kooperation mit der QSC AG eine empirische Studie durchgeführt. Befragt wurden 173 Unternehmensentscheider, wobei 105 der Entscheider in familiengeführten Unternehmen beschäftigt sind. Somit wurde herausgearbeitet, inwieweit sich die spezifischen Charakteristika und Handlungsstrategien der Familienunternehmen auch auf die Herangehensweise bei der Umsetzung der Digitalisierungsinitiativen auswirken.
Die Omnipräsenz der Digitalisierung in den Familienunternehmen
Wie eingangs erwähnt, sind alle Unternehmen vom digitalen Wandel betroffen. Die Frage ist nur, wie stark sich diese auf Organisation, interne Prozesse und den Kundenkontakt auswirkt. Werden hierbei die Aussagen der Familienunternehmen mit denen der anderen Unternehmen verglichen, wird deutlich, dass sich die Familienunternehmen beträchtlich stärker von der Digitalisierung betroffen fühlen. Denn 85 Prozent sehen einen starken (71 Prozent) bis sehr starken (14 Prozent) Einfluss.
Nur eine Minderheit von 14 Prozent sieht sich derzeit noch schwach von der Digitalisierung betroffen. Zwar geben 70 Prozent der anderen befragten Unternehmensentscheider ebenfalls eine hohe bis sehr hohe Betroffenheit an. Allerdings glauben doppelt so viele (28 Prozent) der anderen Unternehmen nur schwach vom digitalen Wandel tangiert zu sein.
Wo stehen die Familienunternehmen auf dem Weg zum digitalen Unternehmen?
Obwohl insbesondere die Familienunternehmen erkannt haben, dass die digitale Transformation einen erheblichen Einfluss auf ihre Strukturen und Prozesse ausübt, zeigt sich bei der Umsetzung noch Nachholbedarf. Denn derzeit ist nur weniger als jedes dritte Familienunternehmen (28 Prozent) in der Umsetzungs- (24 Prozent) oder Wachstumsphase (vier Prozent) der Digitalisierung angelangt. Die Umsetzungsphase ist dadurch gekennzeichnet, dass bereits erste Digitalisierungsprojekte, zum Beispiel auf IT-Infrastruktur- oder Prozessebene, eingeleitet wurden. Zudem werden hier Szenarien für erste digitale Produkte und Services entwickelt. In der Wachstumsphase können bereits erste Mehrwerte durch die Etablierung digitaler Prozesse und eines digitalen Produkt- und Dienstleistungsportfolios verzeichnet werden. So weit vorangeschritten sind aber noch nicht alle Unternehmen.
Jeweils ein Drittel der befragten Entscheider aus den Familienunternehmen gibt an sich derzeit noch in der Anfangsphase (34 Prozent) oder der Findungsphase (32 Prozent) des Digitalisierungsprozesses zu befinden. Zumindest wurde somit mit der Formulierung einer Digitalisierungsstrategie begonnen. Diejenigen, die in der Findungsphase stehen, evaluieren inwieweit die ausgearbeitete Digitalisierungsstrategie umsetzbar ist. Weitere sechs Prozent der Familienunternehmen weisen noch gar keine Digitalisierungsinitiativen auf.
Insgesamt zeigt sich, dass der Mittelstand und insbesondere die Familienunternehmen gerade rechtzeitig mit den Vorbereitungen für den digitalen Wandel angefangen haben. Allerdings stagniert die Umsetzung noch. Es sind also konkrete Initiativen, Projekte und Maßnahmen zu planen. So muss einerseits die IT-Infrastruktur auf die neuen Gegebenheiten angepasst, die internen Prozesse optimiert und der Kundenkontakt digitalisiert werden. Andererseits müssen die Unternehmen Wege finden aus ihren Digitalisierungsprojekten Wertschöpfung zu generieren, also digitale Produkte und Services kreieren.
Welche konkreten Erwartungen und Bedenken Familienunternehmen an die Digitalisierung haben und welche strategischen und operativen Initiativen sie planen, wird in einem nächsten Beitrag mit weiteren Ergebnissen aus der Studie erläutert.
Die Studie „Familienunternehmen im digitalen Wandel“ können Sie kostenfrei herunterladen.