Neue digitale Geschäftsmodelle – wenn es um die Digitalisierung geht, werden Sie diese Schlagwörter schon öfter gehört haben. Was ist damit eigentlich genau gemeint?
Ein digitales Geschäftsmodell unter vielen ist das Equipment-as-a-Service Modell, welches wir in dieser mehrteiligen Serie genauer erläutern und vorstellen. Um das Ganze etwas greifbarer zu machen, geschieht dies am Beispiel des klassischen Maschinenbau Mittelstands.
Aktuelle Herausforderungen und Kundenwünsche der Maschinen- und Anlagenbauer
Seit Beginn der Pandemie gibt es in vielen Unternehmen eine hohe Unsicherheit bezüglich neuen Investitionsentscheidungen. Niemand weiß genau, wie sich die Wirtschaft weiterentwickelt – erholt sie sich oder stürzt sie noch weiter ab?
Nur die wenigsten CFOs geben aktuell ein 6- bis 7-stelliges Investitionsvolumen frei. Sprechen wir vom “klassischen” Maschinenbau Mittelstand, bewegen wir uns in der Regel mindestens in diesem Preisbereich für ein Produkt. Es wird kaum eine Sondermaschine für weniger Budget angeboten. Demzufolge herrscht gerade hier ein Umsatzeinbruch, der natürlich auch an die Zulieferfirmen weitergereicht wird.
Was kann nun der Maschinenbauer tun, um dem entgegenzuwirken? Zuerst einmal ist es wichtig die Kundenperspektive einzunehmen. Deren Anforderungen haben sich in den letzten Monaten verschoben und folgende Punkte haben sich während dieser Krise herauskristallisiert:
Planbare Kosten – CAPEX vs. OPEX
CFOs lieben planbare Ausgaben und mögen keine Schwankungen oder Spitzen bei Selbigen, um eine gute Vorhersagbarkeit des Cashflows zu ermöglichen. Auch ist es für die Fachbereichsleitung oftmals leichter einen monatlichen Pauschalbetrag von der Geschäftsleitung freigeben zu lassen als ein hohes einmaliges Investitionsvolumen.
Fokussierung auf Kerngeschäft und Kernkompetenz
Unternehmen wollen sich mehr auf ihre eigentlichen Stärken konzentrieren. Die Beschaffung und Instandhaltung von zugekauften Maschinen, Ersatzteilen und Verbrauchsgütern gehören hier nicht dazu. Im schlechtesten Fall lenken genau diese Punkte von der Fokussierung ab.
Garantierte Ausbringungsmenge
Setzt ein Betrieb eine Anlage ein, soll diese bestenfalls fehlerfrei laufen und eine bestimmte Ausbringungsmenge haben, damit diese sich rentiert. Idealerweise ist die Ausbringungsmenge vom Hersteller garantiert und man kann sich zu hundert Prozent auf die Anlage verlassen.
Risikominimierung
Die drei vorher genannten Punkte zielen gemeinsam auf einen Hauptpunkt ab: die Risikominimierung. In diesen unsicheren Zeiten ist es für jeden Betrieb essentiell, so viele Risikofaktoren wie möglich auszuschließen. Als Maschinen- und Anlagenbauer sollte man genau diese Punkte im Hinterkopf haben, um den Kunden auch zukünftig ein wichtige Partnerin zu bleiben.
Genau mit diesen Erkenntnissen kann ein herstellendes Maschinenbauunternehmen ansetzen, und auf ein “Equipment-as-a-Service”-Geschäftsmodell umstellen.
Definition Equipment-as-a-Service (EaaS)
Im Gegensatz zu einem klassischen Verkauf einer Maschine, wird diese beim EaaS-Modell vom herstellenden Unternehmen den Nutzenden gegen eine Gebühr bereitgestellt. Der Hersteller ist für die Wartung, den Service, die Verbrauchsgüter und die Ersatzteile verantwortlich. Sogar die Verfügbarkeit und der Output kann garantiert werden. Der Nutzende spart sich die hohen Investitionsausgaben und gibt auch das operative Risiko zum Teil an das Herstellerunternehmen ab.
Im Gegenzug preist dieses das Risiko und auch die Wertschöpfung für den Nutzenden in seine Pauschale ein. Die Nutzungsgebühr kann zum Beispiel monatlich oder gar nach dem “Pay-per-Use-Modell” abgerechnet werden, also nur nach der tatsächlich produzierten Stückzahl. Unternehmen aus dem Anlagenbau generieren somit fortlaufende Umsätze über Jahre hinweg und nicht nur einmalig bei dem Verkauf der Maschine. Gut kalkuliert kann somit deutlich mehr Umsatz und Gewinn erzielt werden.
Des Weiteren wird mit diesem Geschäftsmodell auch die Kundenbindung als hohes Gut gefördert, da ein regelmäßiger Austausch stattfindet. Somit ist der Hersteller immer nah am Geschehen der Kundinnen und kann noch besser die Anforderungen erfüllen.
Aktuell aufstrebende Technologien wie die Künstliche Intelligenz und das Internet of Things machen ein EaaS-Modell erst wirtschaftlich rentabel. Mittels Vorhersagemodellen und digitalen Zwillingen können einzelne Zustände der Maschinen ganz genau erfasst und vorausgesagt werden.
Ist das Equipment-as-a-Service-Modell in Krisenzeiten sinnvoll?
Selbstverständlich kommen bei der findigen Maschinenbau-Unternehmerin sofort folgende Fragen auf:
- Ist ein EaaS-Geschäftsmodell auch in Krisenzeiten rentabel?
- Was passiert, wenn es einen Produktionsstopp bei meiner Kundschaft gibt und mein pay-per-use-Modell keine Umsätze generiert?
- Sollte ich in dieser unsicheren Zeit mein Geschäftsmodell grundlegend ändern?
Schauen wir uns mal die Fakten an und vergleichen das “klassische” Geschäftsmodell mit dem EaaS-Ansatz:
Klassischerweise verkauft ein Maschinenbau-Unternehmen eine Produktionsanlage für einen einmaligen Preis. Im besten Fall geschah dies Ende 2019 oder Anfang 2020. War man zu dieser Zeit noch in Verhandlungen, war die Vertragsunterzeichnung mutmaßlich in den Monaten April, Mai, Juni geplant. Vermutlich gab es genau zu diesem Zeitpunkt einen Rückzieher und bisher auch keine Wiederaufnahme der Gespräche aus den o. g. Gründen. Demzufolge blieben die erwarteten Umsätze für dieses Jahr bisher aus und auch bis mindestens Ende des Jahres kann nicht mit einem großen Auftragsvolumen gerechnet werden.
Beim Equipment-as-a-Service-Modell mit einer pay-per-use-Abrechnung hätten sich beide Parteien im Mai einigen können, da der Nutzende kein Risiko trägt. Steht die Produktion still, zahlt er auch nichts. Von der Seite des Anlagenbauunternehmen könnte nun argumentiert werden, dass auch hier keine Einnahmen generiert werden, trotz der Auslieferung der Maschine. Das ist richtig, doch faktisch standen die meisten Betriebe nur 2-4 Wochen komplett still, danach gab es wieder einen Hochlauf der Produktion. Das herstellende Anlagenbauunternehmen partizipierte direkt von dem Produktionsanlauf, da bei dem pay-per-use-Modell direkt ab dem ersten produzierten Stück wieder Umsätze generiert werden.
Somit sind die oben genannten Fragen mit einem Pro für das EaaS-Modell zu beantworten. Gerade für die heutige unsichere Zeit ist es enorm wichtig auf die Kundenbedürfnisse einzugehen und eine Lösung für genau diese großen Herausforderungen zu bieten.
Genau jetzt ist also die Zeit, über neue Geschäftsmodelle nachzudenken und diese umzusetzen, damit man sich auch langfristig am Markt behaupten kann.
Im nächsten Teil der Serie zum Thema Equipment-as-a-Service-Geschäftsmodell erfahren Sie mehr über die Vor- und Nachteile und worauf Sie bei der Umsetzung achten sollten.
Sollten Sie bis dahin nicht warten können, kontaktieren Sie uns sehr gerne direkt für die Überprüfung und mögliche Neuausrichtung Ihres Geschäftsmodells.