Expert Views

Published on Jul 01, 2019

Was der erfolgreiche Slack-Börsengang für die Zukunft von New Work bedeutet

  • Slack hat sich in der vergangenen Woche an die Börse gewagt und mit einer Bewertung von nun knapp 20 Mrd. US-Dollar den 50-fachen Wert seines Jahresumsatzes 2018
  • Damit geht einer der letzten großen Wachstumsstories an die Börse und besiegelt den Niedergang der Old School-IT in den innovativen Digital & New Work Themen
  • Das Interesse an New Work und neuen Arbeitsplatztechnologien ist riesig – die Unternehmen fangen eigentlich gerade erst an, bereit für Slack zu sein

Respekt liebes Slack-Team!

Es gehört einiges dazu, ein Produkt wie Slack in einem so hart umkämpften Markt bis zur Börsenreife zu bringen, reihenweise gestandene Majors der Branche auszustechen und eigentlich nur mit erfolgreichen Marketing und einer klaren Produktstory die fast gleichwertige Konkurrenz in den Schatten zu stellen. Wenn es dann noch gelingt, statt mit Hilfe von Finanzinvestoren den Börsengang weitgehend alleine über eine Direktplatzierung so erfolgreich zu machen, sollte die eigene Position und das Selbstvertrauen vorerst über jeden Zweifeln erhaben sein.

Slack hat die vergangenen Jahre eine fulminante Wachstumsstory gezeigt. Mit Umsatzsprüngen von teilweise über 100% YoY wurde aus dem kleinen Startup für ChatOps einer der wichtigsten Player im Markt für New Work. Slack ist mit 10.000 Daily Active Users, 88.000 zahlenden Unternehmenskunden (davon 575 oberhalb der Marke von 100.000 US-Dollar p.a.) und 400 Mio. US-Dollar Umsatz längst kein Startup mehr. 1.500 Mitarbeiter stehen mittlerweile auf der Gehaltsliste.

Das Wachstum hinterlässt aber auch Spuren. Mit knapp 140 Mio. Dollar Verlusten pro Jahr ist das Geschäft wirklich alles andere als profitabel. 35 Prozent Net Loss Ratio sind ein echtes Brett, das einen großen Deckel für die kommenden Jahre offen lässt. Doch den Finanzmarkt hat das offenbar nur wenig gestört. Eine Bewertung von initialen 16 Mrd. Dollar zum Börsengang und mittlerweile sogar über 19,4 Mrd. Dollar zeigt, dass Slack mit seinem Direktbörsengang genau den richtigen Zeitpunkt gewählt hat. Mit dem Direktbörsengang sind sie zusätzlich ins Risiko gegangen und verzichten auf die Bewertung und Stützung durch Investmentbanken – ein weiterer Indikator der eigenen Stärke.

Der Börsengang der New Work Transformation

Im Grunde ist Slack Teil eines Marktes, der schon ewige Jahre alt ist und eine gute Staubschicht auf den Schreibtischen der Wirtschaft hinterlassen hat. Collaboration und der digitale Arbeitsplatz haben schon einige Perioden durchlaufen, Anbieter und Paradigmen kommen und gehen sehen. Warum sollen wir uns jetzt auf eine langfristige Veränderung vorbereiten?

Der maßgebliche Unterschied, den ganz besonders Unternehmen wie Slack vorangetrieben haben, ist der einhergehende Kulturwandel. Den Arbeitsplatz nur als “Visitenkarte der IT-Abteilung” zu betrachten war lange Jahre ganz nett, hat aber mehr den Status des notwendigen Übels als des alles entscheidenden Tools für die Arbeit gefördert.

Das ist nun anders, denn die Veränderung der Arbeitskultur ist zu einem gesellschaftlichen Thema geworden. Status, Lifelong Learning, Teamwork und alles was dazu gehört sind Werte, die ständig betont werden und der neuen Generation der Mitarbeiter offenbar wirklich wichtig sind. Dass die Digital Natives im Zuge dessen ebenso nicht ohne die passende Technologie auskommen, ist nur logisch. Der Anspruch an User Experience, Kontaktmöglichkeiten und Produktivität via Tablet, Cloud und Chat sind eine Selbstverständlichkeit im Silicon Valley und schon bald auch in jedem Unternehmen vom Großkonzern bis zum erzkonservativen Mittelständler (vielleicht ).

Die Chat-Plattformen spielen dabei eine ganz besondere Rolle. Sie werden das WhatsApp der neuen Arbeitsgeneration und damit die Schaltzentrale der neuen digitalen Arbeitsplatzlandschaften, in denen alles zusammenläuft. Slack & Co. stehen als integrierte Lösung im Mittelpunkt und bieten alle komplementären Services direkt an.

Die Chat-Hubs befinden sich auf Erfolgskurs. Getrieben von einigen innovativen Anwenderunternehmen und den Anbietern in diesem Bereich wachsen sie immer weiter im Hinblick auf ihre Features und Interaktionsmöglichkeiten. Das Marktpotenzial ist gerade in Deutschland noch riesig. Knapp 80 Prozent wollen auf Chat-based Collaboration setzen, nur ein Viertel ist bislang schon dabei.

Die Veränderung der Arbeitskultur und damit auch nochmals der Technologielandschaft ist der große Treiber der Digitalisierung und Innovation in den Unternehmen. Er strahlt auf alle Bereiche des Unternehmens und weckt somit eine große Erwartungshaltung.

Diese Erwartungshaltung bekommt auch Slack zu spüren. Einerseits äußert sie sich im derzeitigen Börsenwert, andererseits ist dieser aber auch ein Kredit, um diesen Wandel weiterhin so erfolgreich auf Plattform- und Kulturebene zu begleiten.

Was bedeutet das nun für…?

…Slack: Allen Gerüchten zum Trotz wird Slack die kommenden 3-4 Jahre wohl nicht von einem größeren Player übernommen werden. Angesichts des Preises ist der potentielle Käuferkreis auch deutlich kleiner geworden. Damit der Höhenflug für Slack anhält, müssen sie in Sachen Plattform-Stabilität, Enterprise Readiness und neuer Features immer auf Ballhöhe bleiben. Die Wechselbarrieren auf den Chat-Plattformen sind relativ gering, auch wenn einige Entwicklerteams sich schon gut mit Slack eingespielt haben. Viele Unternehmen halten immer noch Open-Source-Alternativen als Backup vor, sollte Slack sich strategisch neu (und falsch) positionieren. Sollte Slack dann doch irgendwann über die Ladentheke gehen, ist es die moralische Pflicht, sich nicht an den erstbesten zu verhökern, sondern die Optionen auch im Hinblick auf die langfristige Entwicklung zu prüfen. Die Stelle des Marktführers und Treibers der Chat und New Work-Bewegung kann Slack jetzt bestmöglich verteidigen.

…Microsoft: Der ungeliebte Konkurrent im Collaboration-Business wird aufmüpfig! Microsoft versucht schon lange im Rahmen seiner Office-365-Strategie die Teams-Plattform zu positionieren. Es läuft gut, aber nicht herausragend. Der Slack-Ansatz bietet einige Alternativen und viele Kunden entscheiden sich dafür. Microsoft muss bei Teams also weiterhin Gas geben, sonst wandern die Kunden ab – Google und Slack würde es freuen. Mit einer Bewertung von 20 Mrd. Dollar ist Slack aber nach wie vor nur 2% so viel wert wie Microsoft. Satya Nadella und sein Team können schon mal etwas Geld zur Seite legen, um zum richtigen Zeitpunkt zuzuschlagen.

…IBM: Die Ära IBM im Collaboration Business wäre schon ohne Slack zu Ende gegangen. Jetzt beschleunigt sich dieser Prozess noch einmal. Das muss nicht heißen, dass IBM alles falsch gemacht hat. Jedoch kann alter Wein in neuen Schläuchen und Watson auch nicht der wahre Heilsbringer für IBM sein. Mit dieser Situation muss sich Big Blue abfinden – man hätte Slack ja selbst kaufen können. Das hätte vermutlich ebenso nicht die Erfolgsgarantie gebracht, aber mit einer eigenständigen Plattform zumindest eine echte Chance geboten.

…Facebook: Die verpasste Kauf-Chance muss sich auch Facebook ankreiden. Workplace by Facebook hat es weiterhin extrem schwer, eine Alternative im Markt zu sein. Social Network und Consumer-Anbindung sind offenbar nicht die richtigen Pferde, auf die man setzen sollte. Mit der verlängerten Eigenständigkeit von Slack und einer gehörigen Portion Selbstvertrauen in den Kreisen des Konkurrenten hat Facebook auch mit WhatsApp-Technologie keine Chance, das Business zu gewinnen.

…Digital Unicorns: Es ist möglich, es kann richtig erfolgreich sein! Slack hat gezeigt, wie eine Direktplatzierung funktionieren kann. Allerdings gehört Slack auch zu den letzten seiner Art. Die nächste Generation der Unicorns, die einen solchen Entwicklungspfad hinlegen können, drängt bislang noch nicht in den Vordergrund. Die Hoffnung und der Ansporn sollte aber allen gegeben sein, um es Slack gleichzutun und ebenfalls eine solche Wachstumsstory zu zeigen.

…Die Unternehmen, die Slack nutzen: Sie haben die richtige Entscheidung getroffen! Zumindest was die langfristige Stabilität angeht. Da Slack nicht ohne weiteres seinen Kern verändern kann und mit dem Börsengang noch mehr Vertrauen von allen Seiten genießt, wird hier langfristig etwas aufgebaut. Gleichzeitig gibt es mehr Kontrollinstanzen und damit auch mehr Kontrollmöglichkeiten, um die Entwicklung und Veränderungen von Slack genau nachvollziehen zu können. Transparenz, Performance und Innovation für New Work stehen unter einem guten Stern.

…Die Unternehmen, die Slack (noch) nicht nutzen: Was nicht ist, kann bekanntermaßen noch werden. Die Argumente der Slack-Nutzer zählen auch hier. Zwar braucht es auf technischer und kultureller Ebene noch immer den passenden Übergang. Dieser sollte sich aber im Zuge der Zeit finden lassen. Die Slack-Nutzerzahl wird weiterhin rasant steigen.