Expert Views

Published on Dec 10, 2018

Crisp Technology Trends 2019

  • Crisp Research sieht die Trend-Bewegungen für 2019 in vier Richtungen: Daten Verfügbarkeit, Digital Strategie, Menschliche Interaktion und Technologie.
  • Die größte Disruption sind nicht die Hard- und Software Innovationen, sondern wie wir Menschen damit umgehen und den Wert, den wir aus angesammelten Daten und Lernmustern ziehen.
  • Die Mehrzahl deutscher Unternehmen (>70%) befindet sich mitten in der Umsetzung der digitalen Transformation.

Die Technologie-Trends von Crisp Research für das nächste Jahr fallen diesmal etwas anders aus. Keine Top 10 oder einfache Liste. Die Crisp Research Analysten haben genauer hingeschaut, was eigentlich das Potential hat die Branche nächstes Jahr wirklich zu bewegen. Diese Bewegung im deutschsprachigen Markt wird in vier Richtungen stattfinden, die jeweils durch fünf entscheidende Trends getrieben sind: Daten Verfügbarkeit, Digital Strategie, Menschliche Interaktion und Technologie. Im einzelnen sind dies:

Daten-Verfügbarkeit

  1. Neue Datenquellen: Nachdem “Data Lakes” und Technologien wie Hadoop für die Speicherung großer Datenmengen, seit einigen Jahren verfügbar sind, ist nächstes Jahr das Jahr des Daten Verstehens. Persönliche Daten wie die DNA eines Patienten werden dazu benutzt, um individuelle Medikamente zu dosieren oder Risiken abzuschätzen. Auch aus der Umwelt kommen mehr Daten als je zuvor und finden Nutzung in der Vorhersage und Vermeidung von Extremsituationen. Letztlich wird autonomes Fahren als Datenquelle in Deutschland diskutiert und genutzt.
  2. Connectivity Options: Hiermit sind nicht nur die ersten 5G Netze in Deutschland gemeint, sondern auch Low-Power-Wide-Area Netze wie LORAWAN, SIGFOX oder Narrow-Band-IoT, die endlich in einem großen Teil Deutschlands verfügbar sind. Deutschland liegt zwar weiterhin deutlich hinter den führenden Industrie-Nationen in Bezug auf Internet-Konnektivität, da sich selbst die gut ausgebauten Länder immer noch verbessern. Trotzdem werden aber bestimmte Dienste wie Software-Update-Over-The-Air bei Fahrzeugen erstmals realistisch.
  3. Preisverfall auf der Edge: Wer kennt es nicht, Moore’s Law, das den Preisverfall und die Leistungssteigerung von neuer Hardware seit Jahrzehnten recht zuverlässig beschreibt. Während Anwender in Unternehmen bisher die Preise vor allem bei schnell wachsenden Hyperscalern purzeln sahen, war der Effekt in on-premises Rechenzentren und Edge-Computing hierzulande immer stark gedämpft. Zu wenig Wachstum und ein zu großer Altersschnitt der Hardware lässt Moore’s Law schnell verpuffen. Im Jahr 2019 wachsen aber die Edge Hardware im IoT Bereich, inklusive der Industrie 4.0 Szenarien, erheblich und machen somit immer mehr Daten und immer kleineren Preise verfügbar.
  4. Operative Reife: Daten in großen Mengen werden meist in Public Clouds zu vertretbaren Mengen verfügbar. Die verwendeten Technologien haben wenig mit traditionellen Enterprise-Software Stacks zu tun und werden als Cloud-Native bezeichnet. Während viele Cloud-Native Dienste, wie der Container-basierte Kubernetes-Dienst, in 2018 selbst bei einigen Hyperscalern noch wackelig lief, erreichen Cloud-Native Compute und Storage Dienste bei allen Hyperscalern und einigen lokalen Providern deutlich mehr operative Reife.
  5. Sekundäre Datennutzung: Damit ist die Nutzung von Daten über den ursprünglichen Zweck gemeint. Ein Auto misst also beispielsweise die Entfernung zum vorausfahrenden Fahrzeug um die eigene Geschwindigkeit zu regeln, gibt die Daten aber gleichzeitig (anonymisiert) an Dritte weiter um beispielsweise Staus zu vermeiden. Die sekundäre Datennutzung wird 2019 endlich aktiv diskutiert, aber Endanwender bleiben skeptisch.

Digital Strategie

  1. Digitalstrategie Version 1: 90% deutscher Unternehmen haben bis Mitte 2019 zumindest eine erste Version ihrer Digitalstrategie. Damit ist zumindest die Zeit der planlosen Experimente vorbei. Die angemessene Balance zwischen einem vollkommen geplantem Vorgehen und dem “Fail Fast & Cheap”-Ansatz läßt allerdings noch bis 2020 auf sich warten. Die meisten Deutschen Unternehmen haben zu wenig Ideen, die sie zu langsam verfolgen, auch wenn sie teilweise nicht nicht erfolgreich sind.
  2. CDOs in Deutschland: 50% der Unternehmen ändern ihre Organisation zur Umsetzung der Digitalstrategie. Ein großer Teil davon stellt einen Chief Digital Officer (CDO) ein, der mit einer digitalen Umsatzverantwortung ein Gegengewicht zum CIO bildet der meist eine Kostenverantwortung hat.
  3. Digitaler Umsatz: Digitale Produkte bringen in 15% der deutschen Unternehmen zusätzliche Umsätze. Auch wenn diese Umsätze bei den meisten Unternehmen der herstellenden Industrie weit hinter den traditionellen Produkten liegen, schaffen es die meisten CDOs damit einen Nutzen für’s Unternehmen darzustellen.
  4. Digitale Erträge in 2020: Digitale Umsätze bleiben aber in den 2019er Bilanzen in den meisten Fällen ein Zuschussgeschäft. Zwar erreichen oftmals traditionelle, physische Produkte durch die digitale Attraktivität des Unternehmens einen höheren Marktanteil, aber die Entwicklung und der Betrieb digitaler Produkte kostet mehr als Kunden zusätzlich zahlen. Erste Digitale Produkte in Industrie-Unternehmen werden Anfang 2020 profitabel.
  5. Digitale Ökosysteme & APIs: Während bisher meist technische Anforderungen die Architektur von Cloud-Native Anwendungen bestimmt haben, dreht sich in 2019 viel mehr um das Ökosystem. Das Business Design in dem beispielsweise ein Multi-Sided Market-Konzept oder eine einfache sekundäre Datennutzung definiert ist, bestimmt zunehmend die Software Architektur. Smart-Contracts zwischen Partnern bestimmen viele APIs.

Menschliche Interaktion

  1. Unified User Experience: Neue Interaktionskanäle wie insbesondere Sprachen- oder Gestensteuerung sind schon in diesem Jahr im Stadium zwischen Science Fiction und Alltag angekommen. Diese Interaktionskanäle verbessern sich zunehmend dank der Vielzahl der Daten und deren Nutzungsmöglichkeit. Unternehmen werden im kommenden Jahr auf die Vernetzung aller Interaktionskanäle setzen und eine Unified User Experience für alle Mitarbeiter und Kunden entwickeln, die mit selbstlernenden Funktionen gespickt sein wird.
  2. AI & Bots: Selbstlernend und Automatisiert werden die zentralen Design-Faktoren der Anwendungen und Interfaces sein. Nachdem viele Unternehmen lange Zeit erst einmal einen Grundstock an Lösungen aufgebaut haben, werden Vernetzung, Intelligenz und damit AI- & Bot-Funktionalitäten ein zentrales Gestaltungselement. Über 60% der Unternehmen arbeiten an vernetzten Arbeitsplatz- und Architektur-Konzepten.
  3. Mixed Reality: Mixed Reality war bislang noch kaum ein Faktor in der digitalen Wertschöpfung – abgesehen von ersten Vorstößen im Gaming-Umfeld. Davon inspiriert werden erweiterte Realitäten über Online-Plattformen, Mobile Apps oder Head-Mounted-Displays und Brillen die Basis für neue Wege in der Forschung und Wissenschaft sowie als Wertschöpfungspotential im Industrieumfeld und für den direkten Kundenkontakt. Hardware, Software und UI sind bereit mehr zu sein, als nur ein Showcase.
  4. Autonomes Fahren: Das Autoland Deutschland wird beim Autonomen Fahren deutlich nachlegen. Nach ersten zarten Forschungsprojekten in den Universitäten und einem großen Teil der Entwicklung im Silicon Valley wird autonomes Fahren auch für unsere Autohersteller zum Differentiator. Dieselgate und Co. werden sicher ihre Spuren hinterlassen, die Entwicklung der Hersteller in Sachen selbstfahrender Autos wird mehr beachtet werden.
  5. Security & Privacy der User: Das Jahr des DSGVO-Abkommens ist Geschichte. Auch drumherum gab es einige Entwicklungen im Hinblick auf Datenschutz & Security, die immer wichtiger werden. Vor allem die Nutzer haben ein stärkeres Feingefühl für adäquaten Umgang mit Daten bekommen. Das zahlt sich für die Unternehmen aus, bedeutet aber auch, dass sie ihrerseits für ihre Nutzer entsprechende Transparenz und Sorgfalt garantieren müssen.

Technologie

  1. Weg von Allzweck-Hardware: Der multi-purpose Server, der für fast alle Workloads passt und die Rechenzentren der letzten 20 Jahre bestimmt hat, wird eher zur Ausnahme. Der on-premises Server-Markt stagniert fast vollständig. Cloud-Server, besonders bei den Hyperscalern, aber auch zunehmend bei lokalen Dienstleistern, werden speziell für bestimmte Software Algorithmen gebaut. Hier kommen nicht nur eigens entwickelte Mainboards sondern auch spezielle CPUs zum Einsatz (GPU, TPU, FPGA, Quanten-CPUs).
  2. Software Plattformen kommodisieren: Die Funktionalität wird vergleichbarer, der Preis geht runter und letztlich hat die Verfügbarkeit des Dienstes bei einem Cloud-Provider mehr Einfluss auf die Auswahl einer Software Plattform, als die innovativen Details. Damit werden Plattformen für IoT, Machine Learning, AI auch für mittelständische Unternehmen in Deutschland erschwinglich.
  3. Business-as-Code kommt in Unternehmen: Nach dem Infrastructure-as-Code Trend, bei dem Entwickler mit hoch-elastischer Infrastruktur sehr dynamisch umgehen, richtet sich Business-as-Code an die nicht programmierenden Menschen. Genauso wie vor 20 Jahren einfache Makros in Microsoft’s Excel einer großen Zahl von Betriebswirtschaftlern den Gang zur IT ersparten, kommt in 2019 eine neue Welle von Low-Code oder sogar No-Code Ansätzen auf Unternehmen zu. Im Extremfall erzeugt eine Business Regel in menschlicher Sprache die Ausführung eines generierten Programmcodes auf einer Serverless Umgebung (Function-Computing Dienst). Genauso wie mit Sprachassistenten im Consumer-Bereich, wird in 2019 beispielsweise ein Einkäufer in einem Unternehmen dem Business-as-Code System sagen können “Kaufe täglich zehn Tonne Lithium wenn die Zahl der bestellten Elektroautos 500 Stück überschreitet”. Ggf. werden weitere Fragen gestellt, die dann automatisch in dem Deployment eines generierten Programms enden. Alles, ohne dass die Business-Person überhaupt mit der IT interagieren muss.
  4. Skill-Verfügbarkeit bleibt kritisch: Ganz im Gegensatz zu den Business-as-Code Ansätzen für Nicht-Techniker, fordert die Programmierung und Systemarchitektur auf den modernen Plattform Stacks immer mehr Wissen. Die Erstellung digitaler Produkte benötigt zwar weniger Zeit, aber verlangt tiefe und komplexe Plattform Kenntnisse in einem schnellen Technologie Umfeld.
  5. Chief Reliability Officer: Klassische Enterprise Reliability Konzepte mit hochverfügbaren Server und Software Plattformen, mit einer Trennung von der Software Entwicklung, versagt bei Cloud Native Apps vollkommen. Der nahtlose Übergang von Development zu Operations (DevOps) wird durch seine spezielle Ausprägung des Site Reliability Engineerings nach dem Vorbild des Google Operations-Konzept auch in Deutschland populär. Die ersten Unternehmen stellen anstelle eines CIOs einen Chief Reliability Officer und einen CDO ein.